Ich mochte mündliche Prüfungen noch nie. Warum? Wenn man etwas nicht weiss oder die Prüfung nicht so läuft, wie man sich das vorgestellt hatte, schaut einem immer noch mindestens jemand dabei zu. Erwartungsvolle Blicke, nichtssagende Gesichter, vielleicht sogar eine Augenbraue, die unkontrolliert nach oben schnellt… Bei einem schriftlichen Test bin ich in der Prüfungssituation alleine mit meiner Inkompetenz und hab nicht ständig das Gefühl, mich dafür rechtfertigen zu müssen. Ich kann so tun, als ob ich fleissig schreibe und stattdessen Cartoons auf mein Blatt malen, früher abgeben und einfach rauslaufen, wenn ich genug habe.
Heute hatte ich meine erste Beratungsprüfung. Die Aufgabe war, eine Klientin betreffend Calcium und Vitamin D Zufuhr zu beraten. Ich hab’s, kurz gesagt, vergeigt. Während der ganzen 35 Minuten war ich so damit beschäftigt, mich und die Situation einigermassen unter Kontrolle zu halten beziehungsweise meine Nervosität zu unterdrücken, dass ich total chaotisch war und die Hälfte von dem, was ich mir vorgenommen hatte, gar nicht machen konnte.
Als ich dann zur Reflexion ins stille Kämmerlein geschickt wurde, hätte ich am liebsten losgeheult. Sich und sein Verhalten reflektieren zu können, ist eine der Kernkompetenzen, die uns in den drei Jahren Studium an der Berner Fachhochschule vermittelt werden. Nachdem ich mich also während der Beratung schon blamiert hatte, durfte ich das ganze dann auch noch ausführlich Revue passieren lassen und mich anschliessend vor den Experten selber zerfleischen. Ein wahrlich gelungener Vormittag! Für einen Moment habe ich mir gewünscht, heute wäre nicht nur eine harmlose Sonnenfinsternis (die ich wegen der Prüfung auch noch verpasst habe) sondern gleich der Weltuntergang gewesen.
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