Alltagsgeschichten, Pendeln

Dienstag

Weil es gerade so schön zu Montag passt:

Nach meinem etwas missglückten Wochenstart gestern bin ich heute wieder früher losgefahren und habe die Augen extra weit offen gelassen, um ja die Ausfahrt nicht zu verpassen.

Als es dann auf halber Strecke plötzlich Stau gab, wo ich sonst die letzten zwei Wochen immer freie Fahrt hatte, fühlte ich mich leicht verar***t. Ehrlich jetzt!?

Einige Minuten später und etwa 500 Meter weiter stellte sich heraus, dass sich ein Rehbock auf die Autobahn verirrt hatte und nun die Polizei, welche ihn in den Wald zurück zu treiben versuchte, auf Trab hielt. Das arme Tier sah total gestresst aus und rannte immer wieder gegen den meterhohen Zaun.

Ich bin gespannt, was mich morgen erwartet.

Alltagsgeschichten, Pendeln

Arbeitsweg Teil 2 – Pendeln mit dem Auto

Da ich sehr an meinem (Schönheits-)Schlaf hänge und nicht jeden Tag gleich motiviert und gewillt bin, gut drei Stunden im Zug und auf Bahnhöfen zu verbringen, fahre ich zum ersten Mal in meinem Leben regelmässig eine längere Strecke mit dem Auto zur Arbeit. Im Vergleich zum Zug spare ich dabei gut zwei Drittel der Zeit für meinen Arbeitsweg.

Zum Glück habe ich eine grosszügige Grossmutter, die mir bereitwillig ihr kleines Auto zur Verfügung stellt. Damit bin ich auf der Autobahn zwar nicht die schnellste, die Chance, dass ich einen Parkschaden verursache, ist dafür auch eher klein.

Auch im Auto gehört für mich ein Kaffee dazu. Statt ihn am Bahnhof zu kaufen, nehme ich ihn in einem to go Becher von zuhause mit. Der schmeckt genauso gut und ist einiges billiger.

Auch hier habe ich Glück, weil der Hauptverkehr morgens und abends genau in die entgegengesetzte Richtung wie ich fährt. Ich habe also im wahrsten Sinn des Wortes freie Bahn. Im Radio kann ich quasi „by the way“ die aktuellen Nachrichten hören und mich von der laut aufgedrehten Musik in eine gute Stimmung versetzen lassen. Dafür lassen sich nicht „unauffällig“ interessante Gespräche belauschen und man lernt nicht spontan neue Leute kennen oder wird in Diskussionen verwickelt.

Das Auto hat den Vorteil, dass ich auf den Fall viel schneller bin als mit dem Zug. Morgens kann ich länger schlafen und abends habe ich mehr Freizeit. Dafür kann ich den Arbeitsweg nicht zum Wachwerden oder Entspannen nutzen, sondern muss auch nach Feierabend noch konzentriert sein. Für eine Autofahrerin mit nicht ganz so viel Routine ist das zuweilen ziemlich anstrengend.

Man ist weniger den Elementen ausgesetzt, Klimaanlage und Scheibenwischer halten Temperatur und Wetter von einem fern. Dafür bewegt man sich aber auch deutlich weniger. Mein Schrittzähler hat mir verraten, dass ich, wenn ich mit dem Zug pendle, gut 3’000 bis 4’000 Schritte mehr mache am Tag, als wenn ich mit dem Auto fahre. Damit kommt man nämlich praktisch von Tür zu Tür, ohne sich gross bewegen zu müssen.

Wenn ich irgendwann in (hoffentlich) naher Zukunft einen festen Arbeitsplatz habe, möchte ich entweder in Geh- oder Velodistanz wohnen oder mit dem Zug pendeln können. Jeden Tag ins Auto zu steigen ist längerfristig gesehen nicht mein Ding und mit den guten Verbindungen der öffentlichen Verkehrsmittel in der Schweiz auch nicht mehr unbedingt notwendig und zeitgemäss.

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Arbeitsweg Teil 1 – Pendeln mit dem Zug

Vor knapp zwei Jahren bin ich extra nach Bern gezogen, damit ich nicht jeden Tag knapp vier Stunden Zug fahren muss, um von meinem Elternhaus zur Fachhochschule und zurück zu gelangen.

Im Rahmen unserer Ausbildung absolvieren wir mindestens sechs Praktika, welche in der gesamten Schweiz verstreut sein können. Seit Montag bin ich für vier Wochen in einem Regionalspital in der Ostschweiz. Da ich mir für vier Wochen kein Personalzimmer oder eine andere Unterkunft in der näheren Umgebung meines Praktikumsorts suchen wollte, nehme ich einen etwas längeren Arbeitsweg in Kauf. Mit dem Zug brauche ich knapp 1 Stunde und 40 Minuten, inklusive dreimal umstiegen. Abgesehen davon, dass man relativ früh aufstehen muss, um pünktlich um acht bei der Arbeit zu sein, besteht der allmorgendliche Nervenkitzel darin, ob man alle Anschlüsse rechtzeitig erwischt und ohne Zwischenfälle ankommt. Für die begrenzte Zeitdauer ist das machbar und pendeln hat auch etwas für sich.

Die Strecke, die ich fahren muss, ist zum Glück nicht so stark ausgelastet, es gibt in den Zügen immer freie Plätze und meistens habe ich sogar ein Viererabteil für mich. Am Morgen hole ich mir beim Umsteigen auf den Bahnhöfen einen schönen heissen Kaffee. Ein Muss! Ich finde es immer schön, wenn man am Kaffeestand von einem freundlichen Gesicht begrüsst wird und einen schönen Tag gewünscht bekommt. Da fängt der Tag gleich gut an.

Unter dem Semester habe ich kaum Zeit und Muse, um ein Buch zu lesen. Lesen muss ich für das Studium den ganzen Tag genug und den Fernseher einzuschalten oder im Internet eine Serie anzuschauen braucht weniger Konzentration, als der Handlung eines komplexen Krimis zu folgen. Zufällig ist vor zwei Wochen mein iPod ausgestiegen und so habe ich im Zug statt Musik gehört gelesen. Innert kürzester Zeit habe ich zwei Bücher verschlungen. Zwischendurch kann man dabei immer mal wieder aus dem Fenster sehen oder den Gesprächen der Mitreisenden lauschen. Herrlich entspannend.

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Nach einem (anstrengenden) Arbeitstag brauche ich auf dem Nachhauseweg unbedingt nochmal einen Kaffee. Er hilft mir, mich zu entspannen und mich auf den Feierabend einzustellen. An schönen warmen Tagen darf der Kaffee ruhig auch kalt sein. Hauptsache Koffein!

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Erste Hilfe

In der Schweiz ist es obligatorisch, vor dem Erwerb des Führerscheins einen Erste Hilfe Kurs zu absolvieren. Man übt alle möglichen Situationen in der Theorie und an Fallbeispiel und lernt das Einmaleins des Helfens in medizinischen Notfallsituationen. So weit, so gut.

Dieser Kurs ist bei mir sieben Jahre her und war bisher noch nie in der Situation, dass ich hätte helfen müssen. Bis heute.

Nach einem Shoppingtrip ins schöne Konstanz am Bodensee war ich auf dem Weg nach Hause, wo ich mich auf einen Kaffee, mein Buch und den Liegestuhl freute. Ein perfekter freier Tag! Ich stand im Eingangsbereich der gut gefüllten S-Bahn und unterhielt mich mit einem ehemaligen Schulkollegen, den ich zufällig getroffen hatte.

Bei der zweiten Haltestelle stieg ein Mann mit einem Helm ein. Ich sah ihn aus dem Augenwinkel und dachte: „Bestimmt ein Epileptiker.“ Die Türen schlossen sich, die Bahn fuhr wieder an und ehe ich mich versah, kippte der Mann nach hinten um in meine Richtung. Ich hörte mich sagen: „Der hat einen epileptischen Anfall.“

Mein Schulkollege und ein anderer Mann brachten den Patienten so gut es ging in eine Seitenlage, während eine weitere Passagieren den Rettungsdienst alarmierte und die Notbremse zog.

Zum Glück dauerte der Anfall nicht lange und der Mann kam wieder zu sich. Wir halfen ihm, sich hinzusetzen und stiegen schliesslich aus der Bahn aus, um mit ihm auf die Ambulanz zu warten. Ich war dankbar, dass ich in der Situation nicht alleine war, fühlte mich unbeholfen und schwankte zwischen“Ich will dem armen Mann auf keinen Fall zu nahe treten und es für ihn noch unangenehmer machen, als es ohnehin schon ist “ und „Ich muss irgendwas tun oder sagen und kann hier nicht einfach so rumstehen“.

Der Rettungsdienst war wenige Minuten später vor Ort und der ganze Spuck vorbei. Darf und soll man die Notbremse wegen eines medizinischen Notfalls ziehen? War es überhaupt notwendig, die Ambulanz zu informieren, wo es dem Mann doch schon nach wenigen Minuten wieder viel besser ging? Fragen über Fragen.

In der Theorie hört sich „Helfen“ recht einfach an, aber eine Alltagssituation ist viel komplexer als ein gestelltes Übungsbeispiel. Ruhig bleiben hilft und wenn ein paar Leute geistesgegenwärtig zusammenarbeiten, ist wohl schon viel getan.

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Schweizerische-Bürokraten-Bahn

Liebe SBB

In den letzten 24 Stunden hatte ich den Eindruck, ich wäre der einzige Mensch auf dieser Welt, dem es je passiert ist, dass ihm das Generalabonnement und die Identitätskarte abhanden gekommen sind. Bewahren die denn alle anderen getrennt in separaten Portemonnaies auf!? Wenn das erwartet wird sollte man es vielleicht zu den Kaufbedingungen für ein (sauteures) GA hinzufügen.

Als ich bei der Ticketkontrolle im Zug von Zürich nach Bern bemerkte, dass mir mein Portemonnaie geklaut wurde, war der Schaffner mitnichten so freundlich, mir übergangsweise ein Ticket auszustellen, obwohl er im System gesehen hatte, dass ich tatsächlich ein GA besitze. Als ich mich dann an zwei verschiedenen Schaltern am Bahnhof erkundigte, wie ich schnellstmöglich an einen Ersatz komme, bekam ich folgende Antwort: „Ohne einen Ausweis ist das unmöglich.“ „Aber meine ID  sowie meine sämtlichen anderen Ausweise wurden ebenfalls gestohlen und ich muss morgen erst nach Zürich fahren, um den Pass zu holen. Wie soll ich das denn machen?“ „Am besten Sie steigen in den Zug ein und sagen dort, sie hätten ihr Abonnement verloren. Dann stellt man ihnen eine Busse aus und sie können ihr GA innerhalb von 10 Tagen an einem Schalter vorweisen, sodass sie lediglich eine Gebühr von fünf Franken bezahlen müssen.“  Ganz toll. Wenn ich also folglich an einem Tag mit dem Bus zur Uni, mit dem Zug nach Zürich und dort noch mit dem Tram fahre und jedes Mal kontrolliert werde, habe ich am Ende des Tages dreimal eine Busse bekommen, obwohl ich eigentlich ein gültiges Abo habe. Echt jetzt!?

Genervte Grüsse

Moni

 

Kleiner Gratistipp an die Leser: Scannt eure Identitätskarte ein und speichert sie auf euren Computern ab. Wenn die Person am SBB-Schalter gutmütig ist, stellt sie euch damit und gegen eine Gebühr von 30 Franken ein neues Abo aus.

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Sans Papière

Das Wochenende war sooooo schön entspannt – bis mir am Sonntagnachmittag mein Portemonnaie abhanden gekommen ist. Ich hoffe immer noch, dass ich es verloren habe und ein gutmütiger Finder es mir zurückbringen wird, aber die Chancen stehen eher schlecht. An Bahnhöfen wird schliesslich nicht umsonst vor geschickten Taschendieben gewarnt. Vielleicht haben die wenigstens nur das Bisschen Bargeld rausgenommen und meine ganzen Ausweise tauchen wieder auf.

Aufgefallen ist mir der Verlust bei der Ausweiskontrolle im Zug. Logisch, dass der Schaffner ausserordentlich griesgrämig war und mich mit bösen Blicken strafte, während er mir eine Buse ausstellte. Als ob ich es witzig fände.

Als erstes habe ich telefonisch meine Kreditkarten sperren lassen. Das ging glücklicherweise schnell und problemlos. Damit ich morgen nicht wieder schwarz fahren muss, wollte ich am SBB-Schalter einer Ersatzkarte für mein Generalabonnement beantragen. Fehlanzeige! Ohne einen Ausweis mit Foto und dreissig Franken läuft da gar nichts. Wie soll ich denn bitteschön an einen Ausweis kommen, wenn Identitätskarte, Fahrausweis und Studentenausweis direkt neben dem GA im verschwundenen Portemonnaie waren? Bin ich echt die erste, der sowas passiert? Wohl kaum. Eine andere Lösung gibt es aber nicht, ich hab an zwei verschiedenen Stellen nachgefragt.

Auf der Website der Schweizerischen Eidgenossenschaft bin ich auf die Information gestossen, dass ich den Verlust meiner ID baldmöglichst auf einer Polizeistelle anzeigen muss, damit mein Ausweis „national und international zur Fahndung ausgeschrieben“ wird.

Auch der Verlust des Studentenausweises muss umgehend gemeldet werden. Den Fahrausweis kann man relativ einfach mit einem Formular anfordern. In den nächsten Tagen werden ich ausserdem das Vergnügen haben, mit meiner Bank, der Krankenkasse und der Kreditkartenfirma zu telefonieren. Ganz zu schweigen davon, dass ich der Coop Supercard, der Cumuluskarte der Migros, dem Ausweis für die Zentralbibliothek, dem Ausweis für die Gemeindebibliothek und noch vielem mehr hinterher rennen darf. Kosten wird mich das garantiert auch mehr als die knapp 90 Franken Bargeld, die in dem Portemonnaie waren.

 

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Die Sache mit den Kleidern

Nun bin ich schon ein Jahr Wochenaufenthalterin in Bern. Während des Semester wohne ich unter der Woche in der Bundeshauptstadt und pendle spätestens am Freitagabend nach Zürich zu meinen Eltern. Immer mit dabei ist eine grosse Reisetasche auf Rollen. Das ist umständlich und je nach Gewicht auch mühsam, aber bisher habe ich es nicht geschafft, ohne auszukommen.

Ich bin ein Gewohnheitstier und möchte mir immer alle Möglichkeiten offen halten. Das gilt auch, wenn es darum geht, welche Klamotten und welchen Schmuck ich zur Auswahl habe. Was nehme ich mit nach Bern und was lasse ich in Zürich? Die Frage treibt mir sonntags regelmässig die Schweissperlen auf die Stirn. Dabei habe ich weiss Gott genug Anzuziehen.

Was ist, wenn es regnet oder plötzlich eiskalt wird? Und wenn der Sommer nochmal mit aller Kraft zurückkommt? Könnte Schnee um diese Jahreszeit schon ein Thema sein? Gerade jetzt in der Übergangszeit muss man für alles gewappnet sein. Schwierige Sache und ein absolutes Luxusproblem. Ich weiss.

Wenn ich eine Hose einpacke, dann brauche ich dazu automatisch ein passendes Oberteil oder besser zwei, dann kann ich je nach Lust und Laune entscheiden. Zu dem einen passen Ohrstecker, beim anderen sind Kreolen besser. Schuhe runden ein Outfit ab, also wollen auch sie gut gewählt sein. Besser ich nehme ein offenes und ein geschlossenes Paar in der gleichen Farbe mit, dann kann ich mich an der Witterung orientieren. Vielleicht möchte ich lieber ein Kleid anziehen. Dann brauche ich Strumpfhosen oder Leggings. Vielleicht lieber beides, falls die Strumpfhose eine Laufmasche bekommt. Schwups ist die Tasche voll und es bleibt immer noch die Frage nach der richtigen Jacke.

Mein Rollkoffer wird mich wohl noch so lange begleiten, bis ich mich auf eine Bleibe reduziert habe.

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Luxus

Zeit ist nicht nur Geld, sondern auch sonst ein wertvolles Gut, welches einem den Raum für Erholung und Entspannung gibt. Daran denke ich jeden Morgen, wenn ich um 7 Uhr noch im Bett liege und völlig stressfrei in den Tag starten kann. Viele der Leute aus meiner „Kohorte“ sind dann schon länger wach und sitzen bereits in einem vollbesetzten Zug. Dann bin ich dankbar, dass ich die Möglichkeit hatte nach Bern zu ziehen und diese auch wahrgenommen habe.

Am Abend brauche ich 15 Minuten von der Uni in die WG. Die knapp zwei Stunden, die ich beim Pendeln im Zug verbracht hätte, kann ich zum Joggen, Faulenzen oder auch Lernen nutzen.

Letzte Woche habe ich für das Studium während vier Tagen eine Selbstbeobachtung durchgeführt und genau protokolliert, wann ich für was wieviel Zeit gebraucht habe. Die Aufgabe klingt banal, die Ergebnisse waren aber aufschlussreich. Viele Aktivitäten laufen parallel, die Freizeit quetscht sich irgendwo zwischen Studium, Arbeit, Transfer und administrativen Kram. Meine work-life-balance ist jetzt nicht so schlecht, aber ich habe für mich festgestellt, dass es sich lohnen würde, die eigene Zeitplanung bewusster zu gestalten.

Wir sind ständig auf Draht, immer erreichbar und haben kaum die Kapazität, um zur Ruhe zu kommen und ganz bei uns zu sein. Luxus hat für mich nicht nur mit materiellem Reichtum zu tun, sondern auch damit, sich im Leben gewisse Freiheiten zu gönnen und Freiräume zu schaffen. Ich bin überzeugt, dass der, dem das gelingt, langfristig glücklicher sein wird als ein Lottomillionär.

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Generation Smartphone

Als Wochenaufenthalterin in Bern mit noch komplett eingerichtetem „Kinderzimmer“ bei meinen Eltern in Zürich verbringe ich wöchentlich zwangsläufig einige Stunden im Zug. Über die Menschen, die man, zu jeder Tages- und Nachtzeit, in den Schweizer Bundesbahnen trifft, könnte man ein ganzes Buch schreiben.

Heute Abend haben mir im InterRegio zwischen Zürich Haubtbahnhof und Olten zwei ältere Damen gesellschaft geleistet. Nennen wir sie der Einfachheit halber Elsbeth und Heidi.

Elsbeth und Heidi setzen sich mir gegenüber ins Abteil, nachdem sie höflich gefragt haben, ob die Plätze denn frei seien. Elsbeth packt ihr Handy aus (kein Smartphone) und liest laut eine SMS vor, die ihr eine Bekannte geschickt hat.

„Das ist nicht mein Leben“, bemerkt Heidi. „So stelle ich mir das nicht vor.“ Elsbeth ist komplett einverstanden: „Die Jungen sind nur noch am Schreiben, immer wissen sie schon alles.“ „Das nimmt dem Leben auch es bitzli denn Sinn weg.“ „Immer nur noch schreiben, schreiben, bla,bla,bla.“

Okay, sie haben recht. Ich selber habe Kopfhörer im Ohr und tippe auf meinem Handy herum. Die beiden Männer im gegenüberliegenden Abteil tun das auch. Smartphones, Tablets und Laptops sind in öffentlichen Verkehrsmitteln omnipräsent. Man sieht kaum einmal ein Buch, selten einen E-Reader. Ob das gut oder schlecht ist, sei dahingestellt. Wenigstens entdecke ich dann auf der immer gleichen Fahrt doch wieder neue Orte, weil ich zu einem anderen Zeitpunkt aufsehen und aus dem Fenster schaue.

„Jetzt haben wir vergessen die Zugbegleiterin zu fragen, ob du in Olten einen Anschlusszug nach Burgdorf hast“, fällt Elsbeth kurz vor Aaarau auf. „Stimmt und den Fahrplan habe ich auch zuhause gelassen. Ja nu, dann steige ich einfach aus und warte auf den nächsten Zug.“ „Da kannst du unter Umständen aber lange warten.“ Elsbeth ist offensichtlich sehr müde, sie erwähnt ständig, dass der Zug doch auch mal schneller fahren könnte. „Vielleicht kommt die Schaffnerin ja nochmal vorbei und dann fragen wir sie.“ „Das mache ich eigentlich nicht so gerne.“ „Dafür sind sie auch da.“ Wo Elsbeth Recht hat, hat sie Recht.

Ich krame mein Handy hervor und öffne die SBB-App: „Suchen sie eine Verbindung?“ „Ja genau. Das habe ich mir schon fast gedacht, dass die Dame die Verbindung auf dem Natel sucht. Von Olten nach Burgdorf.“ Innerhalb kürzester Zeit habe ich den Anschlusszug ausfindig gemacht. Die beiden Damen bedanken sich höflich. „Siehst du Heide, das können die Jungen mit diesen Dingern auch machen.“ „Jaja, ich weiss schon.“ Bevor sie aussteigen, wünschen sie mir eine gute Weiterfahrt und bedanken sich nochmal.

Vielleicht ist es manchmal etwas eigenbrötlerisch, wenn viele Menschen auf engstem Raum zusammen sind und sich doch nur für ihre eigene (virtuelle) Welt interessieren. Eventuell wären wir aber gar nicht ins Gespräch gekommen, wenn ich ein Buch gelesen und auch meinen ausgedruckten Fahrplan daheim vergessen hätte.