Spitalgeschichten

Ein zweites Paar Augen und Ohren

Diese Woche hatte ich einen wichtigen Besprechungstermin. Es ging um die im Herbst geplante Operation. Zum ersten Mal seit Jahren bin ich nicht alleine hingegangen, sondern habe jemanden mitgenommen. Meine beste Freundin. Sie kennt mich in- und auswendig. Ihre Meinung ist mir unglaublich wichtig. Abgesehen davon hat sie sich in den letzten Wochen vertieft mit meiner Thematik auseinandergesetzt. Was die medizinische und vor allem die operationstechnische Seite anbelangt, hat sie berufsmässig viel mehr Ahnung als ich.

Ich habe sie nicht mitgenommen, weil ich Angst vor den Ärzten habe oder ihnen nicht vertraue. Ich habe sie mitgenommen, damit noch jemand anderes zuhört. Jemand, der auch bei den Dingen ganz genau hinhört, die ich vielleicht nicht hören will. Jemand, der auch zwischen den Zeilen lesen kann und mir danach ehrlich seine Meinung sagt. Auch wenn sie vielleicht weh tun. Auch wenn sie vielleicht Dinge anspricht, die ich lieber nicht wahrhaben möchte.

Der Termin war nicht schön. Die Operation ist nicht schön. Aber das Gespräch war unglaublich wertvoll. Zu einen, weil ich mich von medizinischer Seite her nun noch besser aufgeklärt fühle. Vor allem aber, weil ich nach dem anschliessenden Gespräch mit meiner Freundin nun zu wissen glaube, was ich noch brauche, damit ich mich Ende September ganz bewusst für oder gegen die Operation entscheiden kann. Mit all den möglichen Konsequenzen.

Ich möchte mit diesem Beitrag zwei Dinge vermitteln:

  1. Fordert von euren behandelnden Ärzten so viele Informationen und Gespräche ein, bis ihr euch sicher seid, dass ihr eine gut informierte Entscheidung treffen könnt. Niemand kann den Verlauf während oder nach einem chirurgischen Eingriff mit Sicherheit voraussagen. Das können auch die Ärzte nicht. Aber wenn ihr das wollt und braucht, dann können sie mit euch die Einzelheiten des Eingriffs durchgehen und euch mögliche Szenarien offenlegen. Die schönen und die nicht so schönen. Während ihr in Narkose liegt, muss der Chirurg unter Umständen Entscheidungen treffen, die euren Alltag für den Rest eures Lebens beeinflussen können. Wenn ihr davor gut informiert seid, könnt ihr mitbestimmen, was in welchem Fall gemacht werden soll und was nicht. Das mindert die Wahrscheinlichkeit für unangenehme Überraschungen im Aufwachraum, auch wenn es sie nicht komplett ausschliesst.
  2. Wenn ihr euch unsicher seid, lasst euch zu Arztterminen begleiten. Nehmt einer Person mit, der ihr zu 100 Prozent vertraut und die euch anschliessend offen und ehrlich ihre Meinung sagt. Jemand, dem ihr wichtig seid. Jemand, der seine Bedenken differenziert äussern kann, der aber auch seine eigenen Ängste von dem differenzieren kann, was für euch wichtig ist. Es ist euer Körper, euer Leben. Eure Angehörigen haben Angst um euch. Mehr vielleicht, als ihr selbst. Das ist in Ordnung, aber ihr dürft eure Entscheidung nicht davon abhängig machen, was für eure Familie und Freunde das Beste ist. Wenn ihr bewusst euren Weg geht und voll hinter den von euch getroffenen Entscheidungen steht, können sie auch darauf vertrauen, das ihr mit einer Situation zurecht kommt. Egal, ob nun das Happy End oder der Worst Case eintrifft.

 

Spitalgeschichten

Blick in die Kristallkugel

Manchmal hätte ich gerne so eine Kristallkugel wie die Wahrsagerinnen im Film. Sie würde mir die Zukunft zeigen. Oder jedenfalls den Teil der Zukunft, der mich interessiert. Alles möchte ich lieber nicht wissen.

Ich habe heute Nachmittag einen Besprechungstermin im Krankenhaus. Wie soll es weitergehen? Ein weiterer grosser chirurgischer Eingriff steht zur Diskussion. Wenn er gelingt, ist alles wunderbar und mein Problem ist gelöst. Ziel erreicht. Endlich. Wenn nicht, bin ich um eine Operation reicher und gleichzeitig um eine vielversprechende Alternative ärmer. Die Risiken und Folgeerscheinungen sind dabei nicht ganz unerheblich. Alles so lassen, wie es ist? Für mich keine Option.

Am Scheideweg zu stehen und die Wahl zu haben ist einerseits ein Privileg. Ich kann entscheiden, wohin die Reise gehen soll. Theoretisch zumindest. Andererseits beeinflusst meine Entscheidung von heute unter Umständen den Rest meines Lebens. Positiv oder negativ. Woher soll ich wissen, was richtig und was falsch ist? Garantien gibt es in der Medizin keine, nur Wahrscheinlichkeiten. Meine persönliche Statistik der vergangenen zweieinhalb Jahre fällt eher bescheiden aus: Misserfolgsquote 100% bei zahlreichen Versuchen.

Die zukunftsweisende Kristallkugel gibt es nicht und ich glaube nicht an Wahrsagerei. Schlussendlich wird mir nichts anderes übrig bleiben, als auf meinen Verstand und mein Bauchgefühl zu hören. Wenn ich heute hinter der Entscheidung, die ich treffe, stehen kann, dann werde ich sie auch nicht bereuen, weil sie sich in dem Moment, in dem sie getroffen wurde, richtig angefühlt hat.

Spitalgeschichten

Happy End

„Und vielleicht geht’s nicht ums Happy End, sondern heute mal nur um die Geschichte.“ (Julia Engelmann)

Ich habe mir das Happy End gewünscht. So sehr! Ich wünsche es mir immer noch. Ich will es! Auf der Stelle. Sofort.

Denken wir nicht alle irgendwie immer zuerst ans Happy End? Ist die positive Erwartung an dedas Ziel nicht oft der Auslöser und Antrieb unseres Handelns? Ich erinnere mich da an eine Vorlesungsreihe aus dem Bereich der Motivationspsychologie…

Vor meiner letzten Operation am 1. Februar habe ich daran gedacht, wie es sein wird, wenn danach endlich alles gut ist. Ich habe mir das Ziel des Eingriffs vor Augen geführt, mir das Happy End ausgemalt. Im Mai wollte ich nicht nur meinen Geburtstag feiern, sondern auch den positiven Ausgang einer knapp dreijährigen Odyssee durch Sprechzimmer von Ärzten und Therapeuten, Operationssäle und Spitalbetten. Es wäre so etwas wie ein Neuanfang gewesen, ein neuer Lebensabschnitt. Ein Trugschluss, vielleicht, aber eine schöne Vorstellung.

Das Happy Ende ist nicht eingetreten. Noch nicht? Nicht jede Geschichte hat ein Happy End. Schon klar.

Die Hoffnung auf das Happy Ende hat mir vor der Operation, während des Krankenhausaufenthalts und in der Rekonvaleszenz geholfen. Ich wusste, wofür ich die Nervosität, die Schmerzen und die ganzen Unannehmlichkeiten auf mich nehme.

In meiner momentanen Situation verspottet mich das Happy End. Im Hinblick auf das aktuelle Operationsresultat erscheint es mir lächerlich, welcher Aufwand dafür betrieben wurde. Für nichts.

Vielleicht geht es jetzt darum, sich auf die Geschichte zu konzentrieren. Auf das, was da ist. Nicht auf das, was war, und nicht auf das, was sein könnte oder sollte. Das Happy End ist (vorerst) eine Sackgasse, aber die Geschichte geht weiter. Und das ist es doch, was zählt. Oder?

 

 

 

 

Spitalgeschichten

Traumreise nach Kuba

Ich wurde am 1. Februar morgens um sieben zur Einleitung der Narkose in den Operationssaal gebracht. Den Assistenzarzt der Anästhesie kannte ich bereits vom Aufklärungsgespräch am Vortag. Wie sich herausstellte, ist der angehende Facharzt für Anästhesie auch ein guter Reisebegleiter.

Anästhesist: Haben Sie sich schonen einen Traum für die Narkose überlegt?

Ich: Ich träume nie während der Narkose.

Anästhesist: Das ändern wir heute. Wovon möchten Sie gerne träumen?

Ich: Urlaub wäre nicht schlecht.

Anästhesist: Und wohin soll die Reise gehen? Städtetrip oder Strandurlaub.

Ich: Strand. (Da es im OP immer schrecklich kalt ist, war mir nach Wärme zumute.)

Anästhesist: Da mein Kollege aus der Dominikanischen Republik heute nicht da ist, kann ich es Ihnen ja sagen: Ich würde Ihnen Kuba empfehlen.

Ich: Okay, dann Kuba.

Während vier Leute um mich herum wuselten, mich an die Monitore anschlossen sowie die Infusion und den Schmerzkatheter in den Rücken legten, hielt mir der junge Arzt immer wieder die schneeweissen Sandstrände, das kristallklare Meer sowie die Palmen und bunten Fische vor Augen. Auch als der Oberarzt mir das Narkosemittel in die Venen spritzte, plauderte er munter weiter. Es war mir übrigens ein Rätsel, wie man morgens um sieben schon so wach und kommunikativ sein kann. Mit dem Gedanken an Kokosnüsse und Temperaturen über 30 Grad schlief ich ziemlich ruhig und entspannt ein.

Sieben Stunden später auf der Überwachungsstation:

Ich war noch nicht richtig wach, hatte jedoch Schmerzen und hörte mehrere Stimmen.

Anästhesist: Frau Moni, es ist halb drei Uhr nachmittags. Die Operation ist vorbei.

Ich: Schweigen.

Anästhesist: Haben Sie von Kuba geträumt?

Ich: Nein.

Anästhesist: Verdammt, wir waren so nahe dran!

Auch wenn ich nicht geträumt habe, so war ich bei der Narkoseeinleitung noch niemals so gut unterhalten und ich glaube, dass das durchaus einen entspannenden Effekt auf mich und meinen Kreislauf etc. hatte.

 

Spitalgeschichten

Wieder daheim

Die „Beschäftigungstherapie“ hat ihr vorhersehbares Ende gefunden. Ich bin am 31. Januar ins Krankenhaus eingetreten und wurde am 1. Februar während gut fünf Stunden operiert. Am Samstagnachmittag wurde ich nach 11 Tagen früher als erwartet aus der Klinik entlassen und erhole mich nun daheim auf dem Sofa und im eigenen Bett weiter. Die Operation ist theoretisch gut verlaufen, die Wunden heilen gut und dafür, dass ich noch vor einer Woche komplett bettlägerig und von professioneller Pflege abhängig war, geht es mir auch schon wieder recht gut. Ob der Eingriff erfolgreich war, wird sich frühestens Anfang März nach einem weiteren kurzstationären Aufenthalt im Krankenhaus zeigen. Gedrückte Daumen sind also weiterhin willkommen.

Die Bilanz nach 11 Tagen Krankenhaus:

  • + 25 cm äusserlich sichtbare Narben (das Ziehen der Fäden diese Woche wird bestimmt ein Spass)
  • – 10-20 cm Dünndarm (muss ich mal noch genauer nachfragen)
  • – 3 kg Körpergewicht (auch angehende Ernährungsberaterinnen können die Theorie der perioperativen Ernährung nicht ohne weiteres in die Praxis umsetzen)
  • + 1 Vollnarkose (macht insgesamt 25)

Zu der Bilanz gehört aber auch, dass ich wieder einmal gespürt habe, welch grossen Rückhalt ich von Familie und Freunden bekomme. Es gab keinen Tag, an dem ich keinen Besuch hatte und daneben habe ich unzählige umsorgende und unterstützende Nachrichten erhalten. Die einen waren am Tag vor der Operation da, um mich von meiner Nervosität abzulenken, die anderen haben mir die Nachmittage und Abende in der Klinik verkürzt oder einfach Händchen gehalten, wenn es mir nicht gut ging und ich nicht reden mochte. Merci viel Mal!

 

Studiumsgeschichten, Wohngeschichten

Abende im Personalhaus

Auf meinem Stockwerk im Personalhaus gibt es zum Glück einige sympathische und aufgeschlossene Leute, welche sich in unterschiedlicher Zusammensetzung gerne abends in der Küche zum gemeinsamen Essen treffen. Es läuft ab wie bei einer Art Picknick, bei welchem jeder seine Verpflegung, egal ob warm oder kalt, selber mitbringt. Reinigungsfachfrauen, Assistenzärzte, Pflegefachfrauen, medizinisch technische Radiologie Assistenten und noch einige Profession mehr. Die Alterspanne reicht von knapp 20 bis gut 50 und die Nationalitäten sind quer durch Europa bunt gemischt.

Wir arbeiten alle im Spital und wir sind alle mehr oder weniger weiter von unserem Heimatort beziehungsweise unserem Zuhause, unseren Familien und Freunden entfernt. Das verbindet.

Auch wenn wir den ganzen Tag von Patientinnen und Arbeitskollegen umgeben sind, so glaube ich doch, dass viele von uns sich abends alleine im Zimmer gelegentlich etwas einsam fühlen. WhatsApp, Facebook und Co. ersetzen eben keine echten menschlichen Begegnungen und ein Chat hat niemals die Tiefe und Emotionalität einer mündlichen Konversation.

Deshalb schätze ich es jeweils sehr, im Schlabberlook in der kargen kleinen Küche zu sitzen und mich zu unterhalten. Auch wenn es nur ein „Hey, wie war dein Tag?“ ist, gibt mir das das Gefühl, dass jemand da ist und sich für mich interessiert.

Oft reden wir belangloses Zeug, lernen uns kennen, tauschen den neusten Kliniktratsch aus (seeeeehr spannend!) oder geben uns gegenseitig praktische Tipps für das (Über-)Leben im Personalhaus und der Innerschweiz. Manchmal wird es auch ernster und wir diskutieren über fragwürdige Wahlergebnisse aus dem Ausland oder aktuelle innenpolitische Themen.

Heute hatte jemand Redebedarf. Sie hat mir von einem traurigen Kapitel in ihrem Leben erzählt und wie sehr sie auch nach Jahren unter dem Tod eines geliebten Menschen leidet. Das hat mich sehr berührt. Was sie gebraucht hat, war, dass jemand aufmerksam zuhört und für die Dauer eines Abendessens Anteil nimmt. Dass so etwas auch in einer Zweckgemeinschaft, wie sie das Zusammenleben im Personalhaus nun einmal ist, Platz findet, empfinde ich persönlich als sehr wertvoll.

Von meiner Einzimmerwohnung in Bern bin ich es gewohnt, abends alleine zu sein und das macht mir grundsätzlich auch nichts aus, aber dort bin ich tagsüber auch von Mitstudierenden umgeben, die mir persönlich viel näher sind, als die Arbeitskollegen hier im Spital. An „fremden“ Orten tendiere ich generell eher dazu, mich zurückzuziehen und im Hintergrund zu halten, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass es gut tut, sich einfach an den Küchentisch dazu zu setzen und jeden Abend aufs Neue zu sehen, wenn man zwischen Herd und Kühlschrank so antrifft.

 

Studiumsgeschichten, Wohngeschichten

Die erste Praktikumswoche

Wie schnell die Zeit vergeht! Es ist unglaublich, die erste Woche meines zweimonatigen Praktikums ist bereits wieder rum. Dabei war noch nicht einmal besonders viel los.

In meinem Personalzimmer habe ich mich zum Glück recht schnell eingelebt. Es ist relativ gross und meine Mitbewohner scheinen reinlich zu sein, sodass ich mich nicht vor der Gemeinschaftsdusche ekle und in der Küche sogar ohne Bedenken mein Essen zubereite. Grosses Plus gegenüber dem letzten Personalhaus!

Das Team der Ernährungsberaterinnen ist, passend zu der Grösse des Spital, relativ klein und die beiden haben mich herzlich empfangen. Zurzeit sind die Bettenstationen ziemlich leer (verspätetes Sommerloch?), sodass wir bereits viel Zeit hatten, um uns kennenzulernen.

Überhaupt empfinde ich die Atmosphäre unter den Mitarbeitenden als sehr angenehm und es gehen nicht alle in Deckung, wenn „die Ernährungstanten“ kommen. Das habe ich auch schon ganz anders erlebt.

Eine Ernährungsberaterin kann dann gute Arbeit leisten, wenn sie von Ärzten und Pflegenden respektiert und ernst genommen wird. Ohne die Ärzte bekommen wir keine Verordnungen, sprich keinen Arbeitsauftrag, und kommen so auch nicht an die Patienten ran. Die Pflege ist extrem wichtig, wenn es darum geht, ernährungstherapeutische Massnahmen umzusetzen und die Patientinnen und Patienten zum Mitmachen zu motivieren. Ohne sie geht es nicht. Auch ein gutes Verhältnis zur Diätküche ist wichtig, weil diese letztendlich das Essen für die Patienten zubereitet und ein reger Austausch dazu beitragen kann, dass diese schliesslich genau das erhalten, was für sie in der aktuellen Situation am Besten ist. Sonderwünsche nicht ausgeschlossen.

Umgekehrt liegt es in unserer Verantwortung als Ernährungsberaterinnen und Ernährungsberater, einen guten Job zu machen und so zu beweisen, dass wir mit unserer Arbeit einen wertvollen Beitrag zur Prävention von Krankheiten sowie zur Förderung der Genesung und der Steigerung der Lebensqualität bereits Erkrankter leisten können. Das können wir nämlich.

portrat-spital-schwyz
Wichtig bei der Bewertung eines Praktikumsorts ist natürlich auch, ob einem die Arbeitskleidung einigermassen steht. Also ich finde die Farbe gut.

Ich arbeite so gerne im Spital, wie ich die interprofessionelle Zusammenarbeit extrem spannend finde. Nur wenn ganz viele Berufsgruppen zusammenarbeiten, sich gegenseitig anhören und am gleichen Strick ziehen, kann es gelingen, die Patientinnen und Patienten ganzheitlich zu betrachten und ihnen die bestmögliche Pflege und Therapie zu bieten. Dafür braucht es eine offene Kommunikation und von allen Parteien den Willen, sich auf Augenhöhe zu begegnen.

Studiumsgeschichten

Das letzte Jahr

Es hat offiziell begonnen: Mein letztes Studienjahr! Noch nie war der Bachelor so nahe. Vor einem Jahr habe ich mich noch darüber gefreut, dass ich es nach drei Erstsemestrigentagen in drei verschiedenen Studiengängen an drei verschiedenen Hochschulen zum ersten Mal ins dritte Semester geschafft habe und nun sind bereits weitere zwölf Monate vergangen.

Rückblickend scheint es für mich so, als wäre dieses zweite Studienjahr wie im Flug vergangen. Es ist unheimlich viel passiert, sowohl inner- als auch ausserhalb des Studiums. Ich war insgesamt ein halbes Jahr im Praktikum und habe so drei verschiedene Spitäler und drei verschiedene Ernährungsberatungen kennengelernt. Zum ersten Mal durfte ich reale Patientinnen und Patienten beraten und meine Rolle als Ernährunsgberaterin im Spitalsetting ausprobieren. Ich habe Begegnungen gemacht, die ich so schnell nicht vergessen werde und die mich für die Ausübung meines Berufs geprägt haben. Wie ist es, wenn eine Patientin, die ich über Wochen betreut habe, stirbt? Was mache ich, wenn ein Patient die Zusammenarbeit mit mir verweigert? Wie gehe ich auf Ärzte und das Pflegepersonal zu? Welche administrativen Aufgaben gibt es als Ernährungsberaterin zu erledigen? Wo liegen meine Stärken, wo meine Schwächen?

Ich habe auch unheimlich viel theoretisches Wissen dazu gewonnen. Nach dem gesunden Menschen im ersten und zweiten Semester haben wir damit begonnen, uns mit dem kranken Menschen und seinen Bedürfnissen im Bezug auf die Ernährung zu beschäftigen. Soooo spannend!

Die Weichen für das dritte Jahr sind bereits gestellt. Ich habe die Ideenskizze für meine Bachelorarbeit abgegeben und mein nächster Praktikumsort steht ebenfalls fest. Der Stundenplan verspricht spannende Module und ich mache mir erste Gedanken darüber, wo ich mich für nächsten Herbst um eine Stelle bewerben werde.

Es wird bestimmt ein intensives Jahr werden, aber ich freue mich darauf. Wer weiss, ob und wann ich nochmal Studentin sein werde?

Spitalgeschichten

Der Weg geht weiter

Für manche mag es schwer vorstellbar sein, aber ich bin erleichtert, seit ich gestern erfahren habe, dass ich in absehbarer Zeit erneut operiert werde. Eine grosse Operation, mit längerem Krankenhausaufenthalt, welche erneut einschneidende körperliche Veränderungen mit sich bringen wird. Eine neue Situation. Eine neue Chance. Ich bin nicht glücklich darüber oder froh, aber ich bin erleichtert. Erleichtert, weil ich weiss, dass etwas getan wird. Erleichtert, weil ich weiss, dass es noch Möglichkeiten gibt.

Der Weg, der sich in den letzten eineinhalb oft wie eine Sackgasse angefühlt hat, geht weiter und es gibt ein Licht am Ende des Tunnels. Eine Garantie auf Erfolg gibt es keine, aber es gibt berechtigte Hoffnung.

Bei all dem Frust und all den Schmerzen, die ich im Zusammenhang mit meiner Gesundheit in den letzten Monaten erlebt habe, bin ich dankbar dafür, dass es diesen Weg gibt. Er ist bestimmt keine gerade Schnellstrasse, sondern ein holpriger Feldweg, der einen zu Umwegen zwingt, aber es ist ein Weg. Mein Weg.

 

Spitalgeschichten

Sich selber sein

Die letzte Woche war für mich keine gute Woche. Eintritt ins Krankenhaus, Narkose, OP, schlechte Neuigkeiten, Fieber, Planung nächste OP…Mitte der Woche war ich  ein Scherbenhaufen, habe mich im Bett verkrochen und mir noch nicht einmal mehr die Haare gekämmt. Scheiss Leben!

Es dauert jeweils seine Zeit, die Scherben zusammenzuflicken und vom Häufchen Elend wieder zum Mensch zu werden. Obwohl ich mittlerweile Übung darin habe, habe ich noch kein Patentrezept dafür gefunden. Die Erfahrung mit schwierigen Situationen gibt mir jedoch wenigstens die Zuversicht, dass irgendwann der Moment kommt, in dem ich wieder Lachen und wenigstens für ein paar Stunden vergessen kann, warum ich so tief unten war. Es geht weiter. Immer. Irgendwie.

In der Wiederaufbauphase zwischen Scherbenhaufen und Moni ist es für mich essentiell wichtig, ganz mich selber sein zu können. Ich will niemandem vorspielen, dass ich optimistisch bin, wenn ich es in Wirklichkeit anders empfinde und ich will nicht lachen, wenn ich mich so leer fühle, dass ich noch nicht einmal weinen kann. Um wieder aufstehen zu können, muss man erst ganz unten angekommen sein. In den letzten Jahren habe ich begriffen, dass es okay ist, sich auch mal fallen zu lassen und nicht zu funktionieren. Erfahrungsgemäss kommt der Moment, in dem man sich anschliessend wieder anziehen und das Haus (Bett) verlassen möchte, viel früher, als wenn man sich mühsam weiter durch den Alltag schleppt und die Fassade aufrecht erhält.

Ich bin wahrlich keine Meisterin darin, aber in den letzten Jahren habe ich gelernt, dass wir tief in uns drin wissen, was gut für uns ist und was nicht. Meistens ist es der erste Impuls, der uns die richtige Richtung weist: „Du brauchst jetzt Zeit für dich, um zur Ruhe zu kommen. Wenn du jetzt einfach so tust, als ob nichts gewesen wäre, geht bald gar nichts mehr.“ Sobald sich Ehrgeiz und Pflichtgefühl einschalten, entfacht ein heftiger Streit darüber, was zu tun ist: „Du musst diese Prüfungen schreiben.“ „Das ist eine Gruppenarbeit, da kannst du nicht einfach fehlen.“

Wenn es gelingt, für sich und seine Bedürfnisse einzustehen, hat man auf jeden Fall die richtige Entscheidung getroffen und es findet sich ein Weg.

Heute war ein guter Tag. Ich habe ihn mit Freunden verbracht. Ich war mich selbst – Moni.