Studiumsgeschichten

Praktikantenstatus

Wie man als Berufsanfänger oder Berufsanfängeri wahrgenommen wird, hängt natürlich einerseits vom eigenen Auftreten ab, andererseits aber auch davon, wie man von den direkten Vorgesetzten bezeichnet beziehungsweise anderen gegenüber vorgestellt wird.

Bis vor einiger Zeit hätte ich nicht gedacht, dass ich auf vermeintliche Kleinigkeiten wie die korrekte Bezeichnung meiner aktuellen beruflichen Position Wert legen könnte, aber es ist tatsächlich so.

Für mich ist ein Praktikant jemand, der keinerlei Ausbildung oder Berufserfahrung mitbringt, die ihn oder sie für die Ausübung seiner aktuellen Tätigkeit qualifiziert. Als ich nach der Matura ein halbes Jahr in der Pflege im Krankenhaus gearbeitet habe, war ich ganz klar eine Praktikantin, weil ich davor noch nie mit diesem Beruf in Berührung gekommen war und abgesehen von meiner Sozialkompetenz keinerlei Vorkenntnisse mitgebracht hatte.

Wenn ich im Rahmen meines Studiums in die Praxis gehe, dann sage ich zwar immer, dass ich ein Praktikum mache, aber ich werde nicht so gerne als Praktikantin vorgestellt, weil ich da die Erfahrung gemacht habe, dass mein Gegenüber absolut nichts von mir erwartet. Ärzte und Pflegende nehmen mich nicht wirklich Ernst und Patienten haben schnell das Gefühl, man würde eine blutige Anfängerin auf sie loslassen und reagieren deshalb ablehnend. Dabei kann und weiss ich zwar längst nicht alles, aber doch schon einiges.

Ich bevorzuge die Bezeichnung „Studierende“ oder „Ernährungsberaterin in Ausbildung“. Damit räumt man mir eine gewisse Kompetenz ein, ohne dass ich gezwungenermassen die komplette Verantwortung alleine übernehmen muss.

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Und was machst du so?

Meiner Meinung nach bringt es nur Vorteile, wenn man hin und wieder über den eigenen Tellerrand schaut, was die anderen so machen. Bei seinen gewohnten Leibspeisen bleiben kann man dann immer noch.

Heute Nachmittag hatten wir eine interdisziplinäre Lehrveranstaltung gemeinsam mit den angehenden Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten aus dem zweiten Semester. Wir haben bei ihnen eine Ernährungsanamnese durchgeführt und sie haben uns nach unserem Bewegungsverhalten gefragt. Inhaltlich war die Veranstaltung sicherlich nicht die spannendste, aber ich fand es gut, Vertreter eines anderen Berufsfeldes aus dem Gesundheitsbereich kennenzulernen. Schliesslich arbeiten wir später vielleicht im selben Krankenhaus und nicht selten sogar mit den gleichen Patienten. Da schadet es bestimmt nicht, wenn man zumindest eine Ahnung davon hat, was der andere so treibt.

Ernährungsberatung, so scheint es mir manchmal, ist im Gesundheitswesen noch nicht so präsent wie andere Disziplinen und wir zuweilen sogar etwas belächelt. Da geht schliesslich nur hin, wer abnehmen muss und allenfalls verirrt sich mal noch ein Diabetiker zu den ERBs. Dass Ernährung weit mehr kann, wird sich hoffentlich in den nächsten Jahren noch zeigen. Ich glaube nämlich, dass man mit der richtigen Ernährung viel zu Gesundheit und Wohlbefinden jedes einzelnen beitragen könnte. Vielleicht kann man damit keine Krankheiten heilen, aber man kann Beschwerden verringern und dafür sorgen, dass alle wichtigen Enzyme, Proteine etc. im Körper ihre Funktion voll erfüllen können.

Deshalb wäre es auch wichtig, dass Ärzte auf die Ernährungsberatung sensibilisiert werden und sich ein Bild davon machen, was sie alles umfasst. Von befreundeten Medizinstudenten weiss ich, dass das bisher leider kaum stattfindet.

Bereits nach knapp 90 Minuten weiss ich jetzt, dass Physiotherapeuten weit mehr können als bloss massieren und auch wenn ich doch lieber bei der Ernährung bleibe, habe ich ein anderes Berufsfeld schätzen gelernt.

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Wer studiert Ernährung?

Bei der Vorstellungsrunde am zweiten Studientag konnte ich mir zwar längst nicht alle Namen merken, dafür wurde mir klar, wie breit gefächert die Hintergründe sind, die die Leute in meiner Kohorte (Ja, das Wort wird mich die nächsten drei Jahre wohl verfolgen) mitbringen. An der Uni und der ETH, wo ich zuvor studiert habe, haben die meisten den „klassischen“ Weg eines jeden Hochschulstudenten über das Gymnasium und die Matura absolviert. Hier ist das eher die Ausnahme.

Viele haben eine Berufslehre und die Berufsmittelschule gemacht. Einige kommen aus Berufen, die entfernt mit Ernährung und Gesundheit zu tun haben: Köche (die keine rohen Tomaten mögen), Fachangestellte Gesundheit, medizinische Praxisassistentinnen oder Pharmaassistentinnen. Andere haben eine kaufmännische oder gar technische Ausbildung.

Mit dabei sind ein junger Vater, mindestens zwei Mütter, Ehefrauen, viele Freundinnen und einige Singles. Einige pendeln mehr als drei Stunden pro Tag, andere wohnen in der Nähe und wieder andere sind, so wie ich, vor kurzem nach Bern in eine WG oder kleine Wohnung gezogen.

Ein Volleyballteam würden wir locker zustande bringen und Jogger für eine Stafette gäbe es auch genug. Die einen lieben italienisches Essen, andere bevorzugen die asiatische Küche oder ernähren sich gar teilzeit-vegan.

Unsere unterschiedlichen Biographien und die enorme Spannweite an bereits vorhandenem oder eben nicht vorhandenem Vorwissen werden das Studium und die Diskussionen vor, in und nach den Seminaren bestimmt sehr bereichern.