Wohngeschichten

Neue Nachbarn und hellhörige Wände

Gestern bin ich umgezogen. Besser gesagt sind meine Möbel – zumindest die meisten – umgezogen.

Meine Freundin, die mir liebenswürdigerweise beim Schleppen geholfen hat, und ich waren schon kurz vor dem Aufgeben, weil mein Schreibtisch nicht durch die enge Eingangstür meiner neuen Einzimmerwohnung zu passen schien. Die Bohrmaschine musste her, um die Tischbeine abzuschrauben. Da öffnete sich die Tür der Wohnung nebenan: „Sind sie die neue Nachbarin.“ „Genau. Meine Name ist Frau Moni.“ Sie stellte sich ebenfalls vor und meinte dann: „Mein Lebenspartner kommt gleich, Sie scheinen Probleme zu haben.“ Ich versucht ihr zu erklären, dass es wohl unmöglich war, den Schreibtisch durch die Tür zu kriegen, doch sie wiederholte nur immer wieder, dass ihr Lebenspartner uns gleich zur Hilfe eilen würde.

Nach etwa zwei Minuten kam ein Mann mit einem Zollstock hinter ihr aus der Wohnung und begann, leise vor sich hinmurmelnd den Tisch zu vermessen. Er stellte sich erst vor, als seine Partnerin ihn darauf aufmerksam machte. „Wir müssen ihn aufstellen“, stellte er schliesslich fest. Das hatten wir zwar auch schon versucht, aber bitte.

Seinen Anweisungen gemäss hielten wir uns an dem Tisch fest und schoben ihn millimetergenau durch die Tür. Unglaublich, aber es funktionierte. Ich war ihm wirklich sehr dankbar, denn auf die Aktion mit der Bohrmaschine hatte ich eigentlich keine Lust gehabt.

„Wo soll der Tisch hin?“, fragte er. Ich wies auf die Wand mit der Fensterfront. „Und wo wollen Sie das Bett hinstellen?“ Die Wand auf der gegenüberliegenden Seite schien mir dafür geeignet. „Das würde ich nicht tun“, entgegnete er. „Die Wand grenzt direkt an unsere Badezimmer, da wird es sehr laut. Wir hören übrigens auch alles, wenn Sie abends in der Küche arbeiten, weil die Wände so dünn sind.“ Vermutlich hatte er auch ein bisschen Angst, dass es für ihn laut werden könnte, wenn ich einmal Herrenbesuch empfange.

Um mir den ernst der Lage zu verdeutlichen, pochte erst auf die Chromstahlabdeckung in meiner Küche und bat uns anschliessend in seine Wohnung, wo er das Wasser in der Badewanne voll aufdrehte. „Das Rauschen hören Sie auf der anderen Seite ganz deutlich.“ Es schien ihm wirklich sehr wichtig zu sein und ich bin mal gespannt, wie es sich mit ihm als Nachbar auf Dauer so lebt. Für die Aktion mit dem Tisch werde ich ihm bei meinem definitiven Einzug aber auf jeden Fall ein paar der berühmten Luxemburgerli aus Zürich mitbringen.

Wohngeschichten

Das Monster unter meinem Bett

Es ist Sonntagabend, 23.30 Uhr. Nachdem ich kurz vor 22 Uhr in meiner WG in Bern angekommen bin, mir einen warmen Tee gemacht und einen Film geschaut habe, will ich nur noch kurz mein Bett frisch beziehen und dann sofort schlafen gehen.

Als ich meine Bettdecke anhebe, krabbelt ein riesiges schwarzes etwas davon. Die Arachnophobikerin in mir ist sofort hellwach und aufs äusserste genervt über die überraschende Wendung des bis anhin gemütlichen Abends.

Zum Nachdenken ziehe ich mich auf meinen, dem Bett gegenüber stehenden, Sessel zurück, hebe die Beine an und starre auf den Ort, an dem ich das Untier vermute. Nichts bewegt sich.

Ich will mich erwachsen Verhalten und lege mich auf den Boden, um die Spinne mittels Taschenlampe unter meinem Bett aufzuspüren. Die erste Suche bleibt erfolglos, doch dann entdecke ich das Vieh auf der unteren Seitenkante meines Bettrahmens. Unmöglich, ihr den Gar auszumachen, ohne dass sie etwas davon mitbekommt und sich mit ihren haarigen acht Beinen bewegt. Gänsehaut.

Planänderung. Meine Faulheit der letzten zwei Wochen zahlt sich aus, die aufblasbare Gästematratze liegt noch immer einsatzbereit auf dem Boden meines Zimmers, und ich beschliesse die Nacht im Wohnzimmer zu verbringen.

Gerade als ich meine sieben Sachen gepackt und einen letzten Kontrollgang gemacht habe, höre ich meine Mitbewohnerin im Treppenhaus. Halleluja!

Todesmutig und mit einem Glas bewaffnet begibt sie sich mit mir an den „Tatort“. Wie soll es auch anders sein, die Spinne ist verschwunden. Trotz ausführlicher Suche entdecken wir sie nicht mehr. Das Monster muss sich irgendwo in eine dunkle Ecke verkrochen habe.

Im Wohnzimmer schlafe ich überraschend gut. Am Morgen graut mir vor dem ersten Gang in mein Zimmer, doch weder die mutige Spinnenfängerin an meiner Seite noch ich können das Biest finden. Noch bin ich unschlüssig, ob mich das beruhigt oder ob ich sicherheitshalber noch eine Nacht im Wohnzimmer verbringen soll.