Studiumsgeschichten

Vom Ersti zur Fachperson

Gestern haben meine lieben Mitstudierenden ihre Bachelorarbeiten öffentlich präsentiert und verteidigt. Da ich meine Arbeit aus gesundheitlichen Gründen etwas später abgeben darf, konnte ich den gestrigen Tag ganz entspannt angehen und mich von den neusten Erkenntnissen aus dem Bereich der Ernährung und Diätetik berieseln lassen. Sooooo spannend!

Vor knapp drei Jahren war unser Erstsemestrigentag. Wir trafen uns als ein zusammengewürfelter Haufen von angehenden Studentinnen und Studenten. Wir hatten uns in dem zweistufigen Aufnahmeverfahren gegen die Konkurrenz durchgesetzt und standen motiviert am Anfang unserer Ausbildung zu Ernährungsberaterinnen und Ernährungsberatern auf Fachhochschulniveau. Alles nervös, die meisten etwas schüchtern. Beim Apéro traute sich niemand, auch nach den „ungesunden“ Snacks zu greifen. Lieber knabberte man, wie es sich als ERB gehört, an einer Karotte.

Bei den Präsentationen gestern standen nun bestens ausgebildete Fachpersonen vor ihren wissenschaftlichen Postern und haben ihr hart erarbeitetes Wissen weiter gegeben. Aufgrund unseres umfassenden Ernährungswissens sind wir nicht nur in der Lage, untereinander unser Fachwissen zu diskutieren, sondern unsere Haltung und Meinung auch gegenüber der Ärzteschaft und anderen Professionen im Gesundheitswesen zu vertreten. Wir können stolz auf uns sein! Wir haben den „Mount Bachelor“ erklommen und sollten nun eine Weile die Aussicht von der Bergspitze geniessen, bevor wir unser Wissen in die Welt hinaus tragen.

Beim anschliessenden Apéro wurde denn auch fleissig Sekt getrunken. Schliesslich haben wir in den drei Jahren auch gelernt, Feste zu feiern, wie sie fallen und das Essen eben nicht nur für Nährstoffzufuhr, sondern auch für Genuss und Lebensqualität steht.

Auf eurem weiteren Weg wünsche ich von Herzen alles Gute! Da wir eine kleine Berufsgruppe sind, sieht man sich bestimmt am einen oder anderen Kongress wieder. Und wer weiss, vielleicht werden einige von uns später sogar Arbeitskolleginnen und -kollegen.

 

Spitalgeschichten, Studiumsgeschichten

Experten unserer selbst

Wir selbst wissen am besten, was gut für unseren Körper und unsere Seele ist. Manchmal spüren wir es vielleicht nicht, weil wir zu sehr mit unserer Umwelt und den Anforderungen des Alltags beschäftig sind, aber tief in uns drin haben wir alle einen Kompass, der uns den richtigen Weg zeigt. Das gilt für Gesunde und insbesondere auch für die Menschen, die (chronisch) krank oder behindert sind. Sie, und nicht die Ärzte oder Therapeuten, sind die wahren Experten ihrer Krankheit oder Behinderung, denn sie sind es, die, oft ein Leben lang, 24 Stunden am Tag damit leben.

Die Ärzte sehen die medizinische Seite und manchmal auch davon nur das Stück, welches gerade ihren Fachbereich betrifft. Dahinter stecken aber immer ein Leben, ein Alltag, Wünsche und Träume. Deshalb liegt es ganz alleine in meiner Verantwortung als Patientin, mich für meine Bedürfnisse einzusetzen. Der Herr Professor mag eine Koryphäe auf seinem Gebiet der Medizin sein, aber ich bin die Expertin auf dem Gebiet meiner ganz persönlichen Krankengeschichte und meines Befindens. Wenn ich mich nicht für mich einsetze und meine Wünsche äussere, dann tut es vielleicht niemand.

Lange Zeit war ich eine ziemlich passive Patientin und habe vieles einfach hingenommen. Seit ich mich jedoch traue, Fragen zu stellen und Bedenken zu äussern, gibt mir das ein gutes Gefühl von Selbstbestimmung. Oft ist es so, dass ich zumindest ganz genau weiss, was ich nicht will und dann nach dem Ausschlussverfahren aus den mir vorgelegten Optionen eine auswähle. Schlussendlich treffe immer ich die Entscheidungen, was mit meinem Körper gemacht wird. Hinter diesen Entscheidungen kann ich voll und ganz stehen und das gibt mir Kraft, schwierige Situationen anzupacken.

Bei mir steht bald eine weitere Operation an. Aus Sicht des Chirurgen spricht nichts dagegen, dass ich knapp zwei Monate später ein Praktikum absolviere, zeitgleich drei Prüfungen (auf die ich irgendwann auch noch lernen muss) nachhole und danach ohne Pause ins dritte Semester des Studiums starte. Medizinisch gesehen ist das bestimmt richtig und ich verstehe vollkommen, dass er mich nicht länger krank schreibt. Wahrscheinlich würde ich es auch irgendwie schaffen, aber ich hätte kaum Zeit mich richtig zu erholen, geschweige denn Ferien zu machen. Der ehrgeizige Teil von mir sagt, dass ich nicht kneifen und es anpacken soll, doch mein Bauchgefühl meint, dass mir nach dem intensiven letzten Jahr eine Pause gut tun würde. Fünf Vollnarkosen in nicht einmal anderthalb Jahren sind kein Zuckerschlecken und nach der letzten grossen Operation im Dezember bin ich keinen Tag zu lang daheim geblieben, bevor ich wieder an die Uni bin. Im Allgemeinen bin ich ein Kopf-Mensch und damit bin ich in den letzten Jahren nicht immer gut gefahren, weil ich zu wenig auf meinen Körper gehört und unangenehme Gefühle einfach ignoriert habe. Ich denke dann immer, dass ich doch eigentlich jung und stark bin oder habe Angst, etwas zu verpassen. Nun habe ich für einmal auf meinen Bauch gehört und den Antrag gestellt, das Praktikum auf nächstes Jahr verschieben zu dürfen. Wenn der Bauch unrecht hatte, kann ich beim nächsten Mal ohne weiteres wieder auf den Herrn Doktor und meinen Kopf hören.