Spitalgeschichten, Studiumsgeschichten

Zwei Wege

Zum Thema Entscheidungsfindung habe ich an unserem Beratungswochenende ein Gedicht von Robert Frost präsentiert. Wir haben es im Gymnasium einmal analysiert und ich habe schon damals grossen Gefallen daran gefunden. Zufällig bin ich vor einigen Wochen wieder darüber gestolpert und ich fand, dass es nicht nur perfekt zu diesem Wochenende, sondern auch zu meiner aktuellen Lebenssituation passt.

The Road Not Taken (Robert Frost)

 

Two roads diverged in a yellow wood,

And sorry I could not travel both

And be one traveler, long I stood

And looked down one as far as I could

To where it bent in the undergrowth;

 

Then took the other, as just as fair,

And having perhaps the better claim,

Because it was grassy and wanted wear;

Though as for that the passing there

Had worn them really about the same,

 

And both that morning equally lay

In leaves no step had trodden black.

Oh, I kept the first for another day!

Yet knowing how way leads on to way,

I doubted if I should ever come back.

 

I shall be telling this with a sigh

Somewhere ages and ages hence:

Two roads diverged in a wood, and I—

I took the one less traveled by,

And that has made all the difference.

Im Moment stehe ich an einer Weggabelung, wie der Wanderer in dem Gedicht. Ich weiss noch nicht, ob ich nach rechts oder nach links gehe. Stehenbleiben ist jedenfalls keine Option. Egal, welche Abzweigung ich wähle, es wird die richtige sein, solange ich sie strammen Schrittes gehe und voll hinter meiner eigenen Entscheidung stehe. Ein Zurück gibt es nicht. Dessen muss ich mir bewusst sein.

 

In meinem Studium, in welchem wir nicht nur zu Ernährungsfachpersonen sondern auch zu Beraterinnen und Beratern ausgebildet werden, haben wir uns im letzten Semester mit unserem eigenen Menschenbild auseinandergesetzt. Folgender Satz hat mich dabei besonders angesprochen:

„Die Menschen sind jederzeit Experte für ihr Leben und können dieses so deuten, dass Bedürfnisse, Wünsche und Ziele benannt werden können.“

Ich glaube, dass jeder Mensch spürt, was er braucht, wenn man ihn lässt. Oft fehlen uns Ruhe und Gelassenheit, um Sachverhalte sacken zu lassen. Das Bauchgefühl braucht Zeit und Raum, um sich zu äussern und Gehör zu verschaffen. Mit etwas Training gelingt der Zugang zur eigenen Intuition irgendwann vielleicht einfacher. Doch es braucht Übung und auch etwas Mut, um darauf zu vertrauen und sich nicht von äusseren Einflüssen davon abbringen zu lassen.

In vielen Situationen bin ich ein ziemlich kopfgesteuerter Mensch. Zur Entscheidungsfindung brauche ich Fakten und schreibe Pro-und-Kontra-Listen, um die ideale Lösung zu finden. Doch die ideale Lösung gibt es nicht immer und statistische Zahlen sind letztendlich doch nur Zahlen. Es geht nicht um die Frage, was perfekt ist, sondern darum, welcher Weg für mich gangbar ist und was ich brauche, um ihn zu bewältigen. Egal, wohin er letztendlich führt.

 

 

 

 

Spitalgeschichten

Ein zweites Paar Augen und Ohren

Diese Woche hatte ich einen wichtigen Besprechungstermin. Es ging um die im Herbst geplante Operation. Zum ersten Mal seit Jahren bin ich nicht alleine hingegangen, sondern habe jemanden mitgenommen. Meine beste Freundin. Sie kennt mich in- und auswendig. Ihre Meinung ist mir unglaublich wichtig. Abgesehen davon hat sie sich in den letzten Wochen vertieft mit meiner Thematik auseinandergesetzt. Was die medizinische und vor allem die operationstechnische Seite anbelangt, hat sie berufsmässig viel mehr Ahnung als ich.

Ich habe sie nicht mitgenommen, weil ich Angst vor den Ärzten habe oder ihnen nicht vertraue. Ich habe sie mitgenommen, damit noch jemand anderes zuhört. Jemand, der auch bei den Dingen ganz genau hinhört, die ich vielleicht nicht hören will. Jemand, der auch zwischen den Zeilen lesen kann und mir danach ehrlich seine Meinung sagt. Auch wenn sie vielleicht weh tun. Auch wenn sie vielleicht Dinge anspricht, die ich lieber nicht wahrhaben möchte.

Der Termin war nicht schön. Die Operation ist nicht schön. Aber das Gespräch war unglaublich wertvoll. Zu einen, weil ich mich von medizinischer Seite her nun noch besser aufgeklärt fühle. Vor allem aber, weil ich nach dem anschliessenden Gespräch mit meiner Freundin nun zu wissen glaube, was ich noch brauche, damit ich mich Ende September ganz bewusst für oder gegen die Operation entscheiden kann. Mit all den möglichen Konsequenzen.

Ich möchte mit diesem Beitrag zwei Dinge vermitteln:

  1. Fordert von euren behandelnden Ärzten so viele Informationen und Gespräche ein, bis ihr euch sicher seid, dass ihr eine gut informierte Entscheidung treffen könnt. Niemand kann den Verlauf während oder nach einem chirurgischen Eingriff mit Sicherheit voraussagen. Das können auch die Ärzte nicht. Aber wenn ihr das wollt und braucht, dann können sie mit euch die Einzelheiten des Eingriffs durchgehen und euch mögliche Szenarien offenlegen. Die schönen und die nicht so schönen. Während ihr in Narkose liegt, muss der Chirurg unter Umständen Entscheidungen treffen, die euren Alltag für den Rest eures Lebens beeinflussen können. Wenn ihr davor gut informiert seid, könnt ihr mitbestimmen, was in welchem Fall gemacht werden soll und was nicht. Das mindert die Wahrscheinlichkeit für unangenehme Überraschungen im Aufwachraum, auch wenn es sie nicht komplett ausschliesst.
  2. Wenn ihr euch unsicher seid, lasst euch zu Arztterminen begleiten. Nehmt einer Person mit, der ihr zu 100 Prozent vertraut und die euch anschliessend offen und ehrlich ihre Meinung sagt. Jemand, dem ihr wichtig seid. Jemand, der seine Bedenken differenziert äussern kann, der aber auch seine eigenen Ängste von dem differenzieren kann, was für euch wichtig ist. Es ist euer Körper, euer Leben. Eure Angehörigen haben Angst um euch. Mehr vielleicht, als ihr selbst. Das ist in Ordnung, aber ihr dürft eure Entscheidung nicht davon abhängig machen, was für eure Familie und Freunde das Beste ist. Wenn ihr bewusst euren Weg geht und voll hinter den von euch getroffenen Entscheidungen steht, können sie auch darauf vertrauen, das ihr mit einer Situation zurecht kommt. Egal, ob nun das Happy End oder der Worst Case eintrifft.

 

Spitalgeschichten

Füreinander da

Ein junger Mann aus Deutschland hat sich gewünscht, dass ich diesen Beitrag über ihn schreibe. Wir haben uns noch nie gesehen. Mein Bruder hat auf seiner Südamerikareise vor zwei Jahren seinen Bruder kennengelernt. Dabei stellten sie fest, dass sie beide ein Geschwister mit einer chronischen Erkrankung aus dem gleichen medizinischen Bereich haben. Was für ein Zufall, am anderen Ende der Welt.

Als ich letztens ziemlich verzweifelt war und kein Licht am Ende des Tunnels mehr gesehen habe, hat mein Bruder angeboten, den Kontakt zu diesem jungen Mann herzustellen. Ich habe sofort zugestimmt und war dankbar für diesen Strohhalm. Im Nullkommanichts hatte ich seine Nummer und wir haben uns zum Telefonieren verabredet. Vielleicht kann er mir die ultimative Lösung basierend auf seinen eigenen Erfahrungen präsentieren. So die Hoffnung.

Konnte er nicht. Macht aber auch nichts. Statt die ultimative medizinische Problemlösung hat er mir etwas viel wertvolleres mitgegeben: Zuversicht und das Gefühl, nicht alleine zu sein. Er hat in seinem Leben selbst schon so vieles durchgemacht und trotzdem keine Sekunde lang gezögert, sich mein Problem und meine Situation anzuhören. Obwohl wir nicht die gleiche Erkrankung haben, so war sofort dieses Grundverständnis da. Das tiefgehende Verständnis, wie es ist, anders zu sein als die meisten Gleichaltrigen und sich neben dem gewöhnlichen Alltagsstress noch mit komplexen medizinischen Phänomenen und schwerwiegenden Entscheidungen, die eigene Gesundheit betreffend, herumschlagen zu müssen.

Es fasziniert mich immer wieder aufs Neue, wie sehr dieses Verständnis verbindet. Völlig fremde Menschen werden innert Minuten zu Vertrauten, zu Freunden. Das ist ungeheuer wertvoll und durch nichts anderes zu ersetzen. Dass jemand meine eigenen Gedanken im Bezug auf meine Krankheit wirklich aus tiefstem Herzen versteht und nachempfinden kann, ist ein Gefühl, das mir nur wenige Menschen geben können. Für jeden einzelnen von ihnen bin ich dankbar.

Es geht nicht um Mitleid oder Jammern. Es geht darum, stark zu bleiben, sich selbst und seiner Bedürfnisse bewusst zu sein und sich nicht unterkriegen zu lassen. Zu sehen, dass andere es auch schaffen und im Leben mit viel schlimmeren Dingen zurecht kommen, gibt mir Halt und Zuversicht. Wenn er das kann, kann ich es auch! Sie hat nicht aufgegeben, also gebe ich auch nicht auf!

 

Spitalgeschichten

Happy End

„Und vielleicht geht’s nicht ums Happy End, sondern heute mal nur um die Geschichte.“ (Julia Engelmann)

Ich habe mir das Happy End gewünscht. So sehr! Ich wünsche es mir immer noch. Ich will es! Auf der Stelle. Sofort.

Denken wir nicht alle irgendwie immer zuerst ans Happy End? Ist die positive Erwartung an dedas Ziel nicht oft der Auslöser und Antrieb unseres Handelns? Ich erinnere mich da an eine Vorlesungsreihe aus dem Bereich der Motivationspsychologie…

Vor meiner letzten Operation am 1. Februar habe ich daran gedacht, wie es sein wird, wenn danach endlich alles gut ist. Ich habe mir das Ziel des Eingriffs vor Augen geführt, mir das Happy End ausgemalt. Im Mai wollte ich nicht nur meinen Geburtstag feiern, sondern auch den positiven Ausgang einer knapp dreijährigen Odyssee durch Sprechzimmer von Ärzten und Therapeuten, Operationssäle und Spitalbetten. Es wäre so etwas wie ein Neuanfang gewesen, ein neuer Lebensabschnitt. Ein Trugschluss, vielleicht, aber eine schöne Vorstellung.

Das Happy Ende ist nicht eingetreten. Noch nicht? Nicht jede Geschichte hat ein Happy End. Schon klar.

Die Hoffnung auf das Happy Ende hat mir vor der Operation, während des Krankenhausaufenthalts und in der Rekonvaleszenz geholfen. Ich wusste, wofür ich die Nervosität, die Schmerzen und die ganzen Unannehmlichkeiten auf mich nehme.

In meiner momentanen Situation verspottet mich das Happy End. Im Hinblick auf das aktuelle Operationsresultat erscheint es mir lächerlich, welcher Aufwand dafür betrieben wurde. Für nichts.

Vielleicht geht es jetzt darum, sich auf die Geschichte zu konzentrieren. Auf das, was da ist. Nicht auf das, was war, und nicht auf das, was sein könnte oder sollte. Das Happy End ist (vorerst) eine Sackgasse, aber die Geschichte geht weiter. Und das ist es doch, was zählt. Oder?

 

 

 

 

Spitalgeschichten

Wieder daheim

Die „Beschäftigungstherapie“ hat ihr vorhersehbares Ende gefunden. Ich bin am 31. Januar ins Krankenhaus eingetreten und wurde am 1. Februar während gut fünf Stunden operiert. Am Samstagnachmittag wurde ich nach 11 Tagen früher als erwartet aus der Klinik entlassen und erhole mich nun daheim auf dem Sofa und im eigenen Bett weiter. Die Operation ist theoretisch gut verlaufen, die Wunden heilen gut und dafür, dass ich noch vor einer Woche komplett bettlägerig und von professioneller Pflege abhängig war, geht es mir auch schon wieder recht gut. Ob der Eingriff erfolgreich war, wird sich frühestens Anfang März nach einem weiteren kurzstationären Aufenthalt im Krankenhaus zeigen. Gedrückte Daumen sind also weiterhin willkommen.

Die Bilanz nach 11 Tagen Krankenhaus:

  • + 25 cm äusserlich sichtbare Narben (das Ziehen der Fäden diese Woche wird bestimmt ein Spass)
  • – 10-20 cm Dünndarm (muss ich mal noch genauer nachfragen)
  • – 3 kg Körpergewicht (auch angehende Ernährungsberaterinnen können die Theorie der perioperativen Ernährung nicht ohne weiteres in die Praxis umsetzen)
  • + 1 Vollnarkose (macht insgesamt 25)

Zu der Bilanz gehört aber auch, dass ich wieder einmal gespürt habe, welch grossen Rückhalt ich von Familie und Freunden bekomme. Es gab keinen Tag, an dem ich keinen Besuch hatte und daneben habe ich unzählige umsorgende und unterstützende Nachrichten erhalten. Die einen waren am Tag vor der Operation da, um mich von meiner Nervosität abzulenken, die anderen haben mir die Nachmittage und Abende in der Klinik verkürzt oder einfach Händchen gehalten, wenn es mir nicht gut ging und ich nicht reden mochte. Merci viel Mal!

 

Studiumsgeschichten, Wohngeschichten

Die erste Praktikumswoche

Wie schnell die Zeit vergeht! Es ist unglaublich, die erste Woche meines zweimonatigen Praktikums ist bereits wieder rum. Dabei war noch nicht einmal besonders viel los.

In meinem Personalzimmer habe ich mich zum Glück recht schnell eingelebt. Es ist relativ gross und meine Mitbewohner scheinen reinlich zu sein, sodass ich mich nicht vor der Gemeinschaftsdusche ekle und in der Küche sogar ohne Bedenken mein Essen zubereite. Grosses Plus gegenüber dem letzten Personalhaus!

Das Team der Ernährungsberaterinnen ist, passend zu der Grösse des Spital, relativ klein und die beiden haben mich herzlich empfangen. Zurzeit sind die Bettenstationen ziemlich leer (verspätetes Sommerloch?), sodass wir bereits viel Zeit hatten, um uns kennenzulernen.

Überhaupt empfinde ich die Atmosphäre unter den Mitarbeitenden als sehr angenehm und es gehen nicht alle in Deckung, wenn „die Ernährungstanten“ kommen. Das habe ich auch schon ganz anders erlebt.

Eine Ernährungsberaterin kann dann gute Arbeit leisten, wenn sie von Ärzten und Pflegenden respektiert und ernst genommen wird. Ohne die Ärzte bekommen wir keine Verordnungen, sprich keinen Arbeitsauftrag, und kommen so auch nicht an die Patienten ran. Die Pflege ist extrem wichtig, wenn es darum geht, ernährungstherapeutische Massnahmen umzusetzen und die Patientinnen und Patienten zum Mitmachen zu motivieren. Ohne sie geht es nicht. Auch ein gutes Verhältnis zur Diätküche ist wichtig, weil diese letztendlich das Essen für die Patienten zubereitet und ein reger Austausch dazu beitragen kann, dass diese schliesslich genau das erhalten, was für sie in der aktuellen Situation am Besten ist. Sonderwünsche nicht ausgeschlossen.

Umgekehrt liegt es in unserer Verantwortung als Ernährungsberaterinnen und Ernährungsberater, einen guten Job zu machen und so zu beweisen, dass wir mit unserer Arbeit einen wertvollen Beitrag zur Prävention von Krankheiten sowie zur Förderung der Genesung und der Steigerung der Lebensqualität bereits Erkrankter leisten können. Das können wir nämlich.

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Wichtig bei der Bewertung eines Praktikumsorts ist natürlich auch, ob einem die Arbeitskleidung einigermassen steht. Also ich finde die Farbe gut.

Ich arbeite so gerne im Spital, wie ich die interprofessionelle Zusammenarbeit extrem spannend finde. Nur wenn ganz viele Berufsgruppen zusammenarbeiten, sich gegenseitig anhören und am gleichen Strick ziehen, kann es gelingen, die Patientinnen und Patienten ganzheitlich zu betrachten und ihnen die bestmögliche Pflege und Therapie zu bieten. Dafür braucht es eine offene Kommunikation und von allen Parteien den Willen, sich auf Augenhöhe zu begegnen.

Spitalgeschichten

Seltenen Krankheiten eine Stimme geben

Aufgrund meiner eigenen Geschichte ist es mir ein persönliches Anliegen, mich für Menschen mit einer seltenen Krankheit einzusetzen. Es liegt in der Natur einer seltenen Krankheit, dass es jeweils nur sehr wenige Betroffene gibt und dass sie und ihre Bedürfnisse kaum gehört werden.

Neben unzähligen lokalen, nationalen und internationalen Patientenorganisationen gibt es mit EURODIS eine patientengesteuerte, gesamteuropäische Allianz, welche über 30 Millionen Patienten mit einer seltenen Krankheit vertritt.

Unter anderem hat EURODIS die Rare Barometer Voices Initiative ins Leben gerufen. Betroffene und angehörigen von Menschen mit seltenen Krankheiten können sich online eintragen und werden fortan zu Umfragen eingeladen, welche sich um das Leben mit einer seltenen Krankheit drehen. Ziel ist es, den Patientinnen und Patienten auf internationaler politischer Ebene eine Stimme zu geben.

Falls ihr also selber an einer seltenen Krankheit leidet oder jemanden kennt, der betroffen ist, meldet euch an und helft der Initiative, gross zu werden.

Spitalgeschichten

Der Weg geht weiter

Für manche mag es schwer vorstellbar sein, aber ich bin erleichtert, seit ich gestern erfahren habe, dass ich in absehbarer Zeit erneut operiert werde. Eine grosse Operation, mit längerem Krankenhausaufenthalt, welche erneut einschneidende körperliche Veränderungen mit sich bringen wird. Eine neue Situation. Eine neue Chance. Ich bin nicht glücklich darüber oder froh, aber ich bin erleichtert. Erleichtert, weil ich weiss, dass etwas getan wird. Erleichtert, weil ich weiss, dass es noch Möglichkeiten gibt.

Der Weg, der sich in den letzten eineinhalb oft wie eine Sackgasse angefühlt hat, geht weiter und es gibt ein Licht am Ende des Tunnels. Eine Garantie auf Erfolg gibt es keine, aber es gibt berechtigte Hoffnung.

Bei all dem Frust und all den Schmerzen, die ich im Zusammenhang mit meiner Gesundheit in den letzten Monaten erlebt habe, bin ich dankbar dafür, dass es diesen Weg gibt. Er ist bestimmt keine gerade Schnellstrasse, sondern ein holpriger Feldweg, der einen zu Umwegen zwingt, aber es ist ein Weg. Mein Weg.

 

Alltagsgeschichten, Spitalgeschichten

Weglaufen ist nicht bewältigen

Letzte Woche habe ich eine wichtige Lektion gelernt: Probleme zu ignorieren und die eigenen Grenzen nicht wahrhaben zu wollen ist nicht das gleiche wie stark zu sein. Klingt eigentlich logisch, oder nicht?

Nach meinem letzten Krankenhausaufenthalt Anfang Mai war ich der festen Überzeugung, mich vorläufig nicht mehr für länger als ein paar Stunden  in diese Institution zu begeben und überhaupt wollte ich bis mindestens in Herbst einfach gesund sein und eine Pause vom Patientinnen-Dasein. Guter Plan. Eigentlich.

Zu meiner fixen Idee gehörte unter anderem, dass ich ab sofort wieder top leistungsfähig bin und den Halbmarathon, den ich mir für September vorgenommen habe, besser gestern als heute bereits einmal zur Probe laufe. Dem war dann nicht so. Eine längere Zeit ohne regelmässiges Training und allein in diesem Kalenderjahr vier Vollnarkosen wirken sich eben nicht gerade förderlich auf die Kondition aus. Das macht ja auch nichts, solange man sich die Zeit gibt und sowohl die Distanz als auch die Intensität beim Training langsam steigert.  Das weiss doch jeder Anfänger.

Anfängerin bin ich auch im Praktikum und in meinem zukünftigen Beruf als Ernährungsberaterin. Ich mache Fehler, meine Beratungen sind nicht perfekt und ich werde manchmal von Unsicherheit und Selbstzweifeln begleitet. Das ist ganz normal, doch es fällt mir manchmal schwer, meinen Status als Auszubildende und damit mein Recht darauf, Fehler zu machen, mit meinem Hang zum Perfektionismus in Einklang zu bringen.

Als dann irgendwann doch das Aufgebot für die nächste kleine Operation – der ich ausdrücklich zugestimmt hatte – kam und mir dadurch bewusst wurde, dass ich erneut im Praktikum fehlen und mindestens einen ganzen Tag im Spital verbringen würde, holte mich plötzlich alles ein und ich war furchtbar unzufrieden mit mir und meinem Leben. Überall stiess ich an Grenzen und fühlte mich eingeschränkt und blockiert.

Als ich „Grey’s Anatomy-like“ auf dem Badezimmerfussboden sass und weinte, wurde mir irgendwann klar, dass ich in den letzten Wochen nicht (nur) stark und tapfer gewesen, sondern vor allem davongerannt war und in vielerlei Hinsicht mit dem Kopf durch die Wand wollte. Kein Wunder, dass ich mir dabei ganz schön weh getan hatte. Das Problem waren aber offensichtlich nicht die Wände sondern ich selbst, weil ich mich bekämpft und dabei meine Schwächen hervorgehoben hatte anstatt mich auf meine Stärken und Ressourcen zu besinnen.

Ich kann schon über 10 Kilometer am Stück laufen, einfach langsam und mit kurzen Gehstrecken dazwischen. Ich kann eine gute Ernährungsberaterin sein, wenn ich mir selber gut zurede und aus jedem Fehler etwas lerne, anstatt mich davon blockieren zu lassen. Ich kann eine Pause vom Patientinnen-Dasein machen und das Laben geniessen, wenn ich in der Zeit, in der ich nicht im Krankenhaus bin (Gottseidank immer noch die meiste!), meine körperlichen Grenzen respektiere und die kleinen Defizite in meinem Alltag akzeptiere, ohne ihnen unnötig Gewicht zu geben, in dem ich mich ständig selbst mit der Nase darauf stosse.

Etwas zu bewältigen heisst, sich wirklich damit auseinanderzusetzen und den Umgang damit so lange zu üben, bis es einem irgendwann nicht mehr so schwer fällt und man ohne zu stolpern daran vorbeigehen kann. Wer hingegen wegläuft, rennt so lange im Kreis, bis er das Hindernis irgendwann wieder einholt und mit voller Wucht darüber fällt. Autsch!

 

Alltagsgeschichten

Jung und krank – Radiosendung

Ich habe gestern Abend zufällig entdeckt, dass im Moment im Schweizer Radio SRF Virus eine Sendungsreihe unter dem Titel „Rehmann S.O.S – Sick of Silence“ läuft. Es handelt sich dabei um eine Interviewreihe mit jungen Menschen, die krank sind und über den Alltag mit ihrer Krankheit sprechen. Bisher wurden ein junger Mann mit Morbus Crohn und eine junge Frau mit Psoriasis interviewt.

Meinen allergrössten Respekt vor den Interviewten, dass sie so öffentlich zu ihrer Krankheit stehen und darüber erzählen! Manchmal ist darüber reden wichtiger, als jede Medizin.