Spitalgeschichten, Studiumsgeschichten

Zwei Wege

Zum Thema Entscheidungsfindung habe ich an unserem Beratungswochenende ein Gedicht von Robert Frost präsentiert. Wir haben es im Gymnasium einmal analysiert und ich habe schon damals grossen Gefallen daran gefunden. Zufällig bin ich vor einigen Wochen wieder darüber gestolpert und ich fand, dass es nicht nur perfekt zu diesem Wochenende, sondern auch zu meiner aktuellen Lebenssituation passt.

The Road Not Taken (Robert Frost)

 

Two roads diverged in a yellow wood,

And sorry I could not travel both

And be one traveler, long I stood

And looked down one as far as I could

To where it bent in the undergrowth;

 

Then took the other, as just as fair,

And having perhaps the better claim,

Because it was grassy and wanted wear;

Though as for that the passing there

Had worn them really about the same,

 

And both that morning equally lay

In leaves no step had trodden black.

Oh, I kept the first for another day!

Yet knowing how way leads on to way,

I doubted if I should ever come back.

 

I shall be telling this with a sigh

Somewhere ages and ages hence:

Two roads diverged in a wood, and I—

I took the one less traveled by,

And that has made all the difference.

Im Moment stehe ich an einer Weggabelung, wie der Wanderer in dem Gedicht. Ich weiss noch nicht, ob ich nach rechts oder nach links gehe. Stehenbleiben ist jedenfalls keine Option. Egal, welche Abzweigung ich wähle, es wird die richtige sein, solange ich sie strammen Schrittes gehe und voll hinter meiner eigenen Entscheidung stehe. Ein Zurück gibt es nicht. Dessen muss ich mir bewusst sein.

 

In meinem Studium, in welchem wir nicht nur zu Ernährungsfachpersonen sondern auch zu Beraterinnen und Beratern ausgebildet werden, haben wir uns im letzten Semester mit unserem eigenen Menschenbild auseinandergesetzt. Folgender Satz hat mich dabei besonders angesprochen:

„Die Menschen sind jederzeit Experte für ihr Leben und können dieses so deuten, dass Bedürfnisse, Wünsche und Ziele benannt werden können.“

Ich glaube, dass jeder Mensch spürt, was er braucht, wenn man ihn lässt. Oft fehlen uns Ruhe und Gelassenheit, um Sachverhalte sacken zu lassen. Das Bauchgefühl braucht Zeit und Raum, um sich zu äussern und Gehör zu verschaffen. Mit etwas Training gelingt der Zugang zur eigenen Intuition irgendwann vielleicht einfacher. Doch es braucht Übung und auch etwas Mut, um darauf zu vertrauen und sich nicht von äusseren Einflüssen davon abbringen zu lassen.

In vielen Situationen bin ich ein ziemlich kopfgesteuerter Mensch. Zur Entscheidungsfindung brauche ich Fakten und schreibe Pro-und-Kontra-Listen, um die ideale Lösung zu finden. Doch die ideale Lösung gibt es nicht immer und statistische Zahlen sind letztendlich doch nur Zahlen. Es geht nicht um die Frage, was perfekt ist, sondern darum, welcher Weg für mich gangbar ist und was ich brauche, um ihn zu bewältigen. Egal, wohin er letztendlich führt.

 

 

 

 

Alltagsgeschichten, Spitalgeschichten, Studiumsgeschichten

Nicht stehen bleiben

Im Moment geht es mir total gut und ich geniesse das Leben in vollen Zügen. Ich schreibe an meiner Bachelorarbeit und das Thema macht mir nach langer Zeit zum ersten Mal wieder richtig Spass. Es fällt mir leichter, meine Gedanken zu ordnen und strukturiert zu arbeiten.

Zum Ausgleich bewege ich mich oft und viel an der frischen Luft. Ich treibe Sport (der Halbmarathon Mitte September ist das Ziel) und gehe lieber einmal mehr zu Fuss, als dass ich die öffentlichen Verkehrsmittel beanspruche. Ausflüge, Kaffeekränzchen und gemütliche Grillabende mit Freunden tragen zusätzlich zu meiner guten Laune und meinem positiven Lebensgefühl bei.

Meine körperliche Situation hat sich nicht verändert. Der Termin für die nächste grosse Operation im Oktober steht. Viele Fragen sind noch offen und ich hoffe, sie in weiteren Gespräch mit den Ärzten klären und dann voller Hoffnung und Zuversicht einen neuen Anlauf zur Verbesserung meiner Gesundheit und Lebensqualität wagen zu können. Was sich verändert hat, sind meine psychische Verfassung und mein Umgang mit der Situation.

Im Frühling dieses Jahres hätte ich manchmal nicht gedacht, dass ich den Weg aus dem dunklen Loch, in dass ich nach der erneut gescheiterten Operation im Februar gefallen war, noch einmal finden würde. Ich war extrem müde. Körperlich, aber vor allem auch psychisch. All meine Bemühungen und Anstrengungen der letzten Jahre erschienen mir sinnlos. Ich sah kein Licht am Horizont, kein Weg, den ich zu gehen bereit war und für den ich noch die Kraft hatte.

Ich musste Hilfe annehmen und mich zur Stabilisierung meiner psychischen Verfassung in professionelle Hände begeben. Ich habe bei meinem Studiengang den Antrag gestellt, den Abgabetermin meiner Bachelorarbeit nach hinten verschieben zu dürfen. Das fiel mir nicht leicht. Ständig hatte ich das Gefühl, dass ich es doch eigentlich hätte schaffen müssen.

Rückblickend bin ich sehr dankbar, dass ich diesen Schritt gemacht habe. Es hat mir einiges an Druck weggenommen und mir etwas Luft zum Durchatmen verschafft. So komplett neben der Spur zu sein frisst einen Grossteil der eigenen Energie. Im Alltag noch „normal“ zu funktionieren ist da ab einem gewissen Grad praktisch unmöglich. Ich musste die Grenzen meiner Belastbarkeit erfahren und akzeptieren.

Heute, ein paar Wochen später, geht es mir so viel besser. Ich habe mich wieder gefangen und bin wieder viel näher an der Moni dran, die mit Optimismus und Kampfgeist durchs Leben geht und auch einmal über sich selbst lachen kann.

Es ist nicht immer alles schön und ich mache mir viele Gedanken dazu, was in den nächsten Monaten auf mich zukommt und wie ich damit fertig werde. Im Unterschied zu vorher habe ich aber wieder einen klaren Kopf und damit auch die Fäden in der Hand. Ich bestimme, was ich möchte und was nicht und ich entscheide, wann die Zeit für den nächsten Schritt gekommen ist. Dafür, dass ich dabei von so vielen Seiten unterstützt werde und dass so viele tolle Menschen mich auf meinem Weg begleiten, bin ich unendlich dankbar.

Ich weiss, wie hoffnungslos und verfahren einem das Leben manchmal erscheinen kann und wie mühsam es ist, sich bereits in jungen Jahren mit einer ernsten Erkrankung oder einer Behinderung herumschlagen zu müssen. Es ist okay, einfach mal die Nase voll zu haben und alles hinschmeissen zu wollen. Mir hilft es, wenn ich mir vor Augen halte, dass das Leben nun mal einfach nicht fair ist. Jeder hat sein Päckchen zu tragen: Die einen ein grösseres, die anderen ein kleineres. Egal wie sehr ich mich anstrenge oder bemühe, gewisse Dinge liegen einfach nicht in meiner Hand. Aufwand und Ertrag halten sich nicht immer die Waage.

In den letzten Wochen und Monaten war bei mir viel Chaos. Meine tollen Pläne für meine unmittelbare berufliche Zukunft und die Gestaltung des Sommers sind wie Kartenhäuser in sich zusammengefallen. Ich habe vieles in Frage gestellt, gehadert und gezweifelt. Oft wäre ich beinahe verzweifelt. Doch nach dem Chaos kam auch wieder Ordnung. Ein Weg hat sich aufgetan, ich konnte neue Pläne schmieden. Dass ich gestärkt aus der Sache hervorgegangen bin, wage ich trotzdem zu bezweifeln. Ich habe viele Federn gelassen und bin mit Sicherheit dünnhäutiger als zuvor. Meine Energiereserven sind nicht unbegrenzt. Mit jedem Mal, wo ich hineinfalle, wird es mühsamer, wieder aus dem Loch hervorzukriechen. Mit jedem Mal dauert es länger.

Menschen in einer ähnlichen Situation möchte ich raten, nicht stehen zu bleiben. Es muss nicht immer lösungsorientiert und zielgerichtet sein, was ihr tut. Ihr müsst nach einem Rückschlag nicht sofort wieder auf Knopfdruck funktionieren und so tun, als ob nichts wäre. Seid wütend, frustriert, traurig oder was auch immer ihr wollt. Nehmt Hilfe an, lasst euch an der Hand nehmen. Aber bleibt nicht stehen. Niemals. Ein Schritt zurück oder in die „falsche“ Richtung ist tausendmal besser als Stillstand. Ordnung entsteht nicht aus der Regungslosigkeit, sondern aus dem Chaos.

In diesem Sinne: Bleibt in Bewegung!

Spitalgeschichten

Füreinander da

Ein junger Mann aus Deutschland hat sich gewünscht, dass ich diesen Beitrag über ihn schreibe. Wir haben uns noch nie gesehen. Mein Bruder hat auf seiner Südamerikareise vor zwei Jahren seinen Bruder kennengelernt. Dabei stellten sie fest, dass sie beide ein Geschwister mit einer chronischen Erkrankung aus dem gleichen medizinischen Bereich haben. Was für ein Zufall, am anderen Ende der Welt.

Als ich letztens ziemlich verzweifelt war und kein Licht am Ende des Tunnels mehr gesehen habe, hat mein Bruder angeboten, den Kontakt zu diesem jungen Mann herzustellen. Ich habe sofort zugestimmt und war dankbar für diesen Strohhalm. Im Nullkommanichts hatte ich seine Nummer und wir haben uns zum Telefonieren verabredet. Vielleicht kann er mir die ultimative Lösung basierend auf seinen eigenen Erfahrungen präsentieren. So die Hoffnung.

Konnte er nicht. Macht aber auch nichts. Statt die ultimative medizinische Problemlösung hat er mir etwas viel wertvolleres mitgegeben: Zuversicht und das Gefühl, nicht alleine zu sein. Er hat in seinem Leben selbst schon so vieles durchgemacht und trotzdem keine Sekunde lang gezögert, sich mein Problem und meine Situation anzuhören. Obwohl wir nicht die gleiche Erkrankung haben, so war sofort dieses Grundverständnis da. Das tiefgehende Verständnis, wie es ist, anders zu sein als die meisten Gleichaltrigen und sich neben dem gewöhnlichen Alltagsstress noch mit komplexen medizinischen Phänomenen und schwerwiegenden Entscheidungen, die eigene Gesundheit betreffend, herumschlagen zu müssen.

Es fasziniert mich immer wieder aufs Neue, wie sehr dieses Verständnis verbindet. Völlig fremde Menschen werden innert Minuten zu Vertrauten, zu Freunden. Das ist ungeheuer wertvoll und durch nichts anderes zu ersetzen. Dass jemand meine eigenen Gedanken im Bezug auf meine Krankheit wirklich aus tiefstem Herzen versteht und nachempfinden kann, ist ein Gefühl, das mir nur wenige Menschen geben können. Für jeden einzelnen von ihnen bin ich dankbar.

Es geht nicht um Mitleid oder Jammern. Es geht darum, stark zu bleiben, sich selbst und seiner Bedürfnisse bewusst zu sein und sich nicht unterkriegen zu lassen. Zu sehen, dass andere es auch schaffen und im Leben mit viel schlimmeren Dingen zurecht kommen, gibt mir Halt und Zuversicht. Wenn er das kann, kann ich es auch! Sie hat nicht aufgegeben, also gebe ich auch nicht auf!

 

Spitalgeschichten

Einfach nur weg

„Ich will grad einfach nur weg, nur weg, nur weg, wo einfach alles einfach ist.“ (Johannes Oerding, Einfach nur weg)

Hier auf meinem Blog war es in den letzten zwei Wochen sehr ruhig, weil in meinem Leben mal wieder so einiges passiert ist. Naja, im Grunde ist eigentlich nur das passiert, wovor ich mich seit der letzten Operation gefürchtet hatte. Sieht nicht so gut aus im Moment…

Jedenfalls hatte ich diese Woche „notfallmässig“ einen kleinen Eingriff und wenn ich Glück habe, ergibt sich „das Problem“ dadurch bis spätestens Ostern. Das wäre mal ein richtig tolles Ostergeschenk und mit Schokohasen und Zuckereiern niemals aufzuwiegen. Also lieber Osterhase, ich hoffe, du hast deine langen Ohren gespitzt und gut zugehört.

Wer mich kennt, der weiss, dass abwarten und Tee (Kaffee) trinken im Bezug auf meine Gesundheit nicht gerade meine Stärke ist. Zehn Tage auf eine Medikamentenwirkung zu warten zerrt also ziemlich an meinen Nerven.

Wie gut, dass ich in Leipzig eine liebe Freundin habe, die ich nächste Woche besuchen darf. Das war schon länger geplant und ich freue mich wirklich riesig darauf. Man kan vor sich und seinem Leben nicht davonlaufen und es ist an einem anderen Ort auch nicht „einfach alles einfach“, wie in dem oben verlinkten Lied, schon klar, aber eine Luftveränderung kann manchmal Wunder bewirken.

Andere Menschen, andere Stadt, nach Lust und Laune in den Tag hinein leben. Ich glaube, dass mir das Abschalten ganz gut gelingen wird, weil ich meinen Urlaub einfach geniessen will und da hat eine Situation, die ich ohnehin nicht mehr beeinflussen kann, keinen allzu grossen Stellenwert verdient. Am besten, sie bleibt gleich ganz daheim, stellt sich in eine Ecke und schämt sich. Aber wie gesagt, man kann vor seinem Leben ja nicht davonlaufen. Etwas Abstand zum Alltag und ein Perspektivenwechsel können aber ganz heilsam sein und für eine Verschnaufpause sorgen.

Studiumsgeschichten, Wohngeschichten

Die erste Praktikumswoche

Wie schnell die Zeit vergeht! Es ist unglaublich, die erste Woche meines zweimonatigen Praktikums ist bereits wieder rum. Dabei war noch nicht einmal besonders viel los.

In meinem Personalzimmer habe ich mich zum Glück recht schnell eingelebt. Es ist relativ gross und meine Mitbewohner scheinen reinlich zu sein, sodass ich mich nicht vor der Gemeinschaftsdusche ekle und in der Küche sogar ohne Bedenken mein Essen zubereite. Grosses Plus gegenüber dem letzten Personalhaus!

Das Team der Ernährungsberaterinnen ist, passend zu der Grösse des Spital, relativ klein und die beiden haben mich herzlich empfangen. Zurzeit sind die Bettenstationen ziemlich leer (verspätetes Sommerloch?), sodass wir bereits viel Zeit hatten, um uns kennenzulernen.

Überhaupt empfinde ich die Atmosphäre unter den Mitarbeitenden als sehr angenehm und es gehen nicht alle in Deckung, wenn „die Ernährungstanten“ kommen. Das habe ich auch schon ganz anders erlebt.

Eine Ernährungsberaterin kann dann gute Arbeit leisten, wenn sie von Ärzten und Pflegenden respektiert und ernst genommen wird. Ohne die Ärzte bekommen wir keine Verordnungen, sprich keinen Arbeitsauftrag, und kommen so auch nicht an die Patienten ran. Die Pflege ist extrem wichtig, wenn es darum geht, ernährungstherapeutische Massnahmen umzusetzen und die Patientinnen und Patienten zum Mitmachen zu motivieren. Ohne sie geht es nicht. Auch ein gutes Verhältnis zur Diätküche ist wichtig, weil diese letztendlich das Essen für die Patienten zubereitet und ein reger Austausch dazu beitragen kann, dass diese schliesslich genau das erhalten, was für sie in der aktuellen Situation am Besten ist. Sonderwünsche nicht ausgeschlossen.

Umgekehrt liegt es in unserer Verantwortung als Ernährungsberaterinnen und Ernährungsberater, einen guten Job zu machen und so zu beweisen, dass wir mit unserer Arbeit einen wertvollen Beitrag zur Prävention von Krankheiten sowie zur Förderung der Genesung und der Steigerung der Lebensqualität bereits Erkrankter leisten können. Das können wir nämlich.

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Wichtig bei der Bewertung eines Praktikumsorts ist natürlich auch, ob einem die Arbeitskleidung einigermassen steht. Also ich finde die Farbe gut.

Ich arbeite so gerne im Spital, wie ich die interprofessionelle Zusammenarbeit extrem spannend finde. Nur wenn ganz viele Berufsgruppen zusammenarbeiten, sich gegenseitig anhören und am gleichen Strick ziehen, kann es gelingen, die Patientinnen und Patienten ganzheitlich zu betrachten und ihnen die bestmögliche Pflege und Therapie zu bieten. Dafür braucht es eine offene Kommunikation und von allen Parteien den Willen, sich auf Augenhöhe zu begegnen.

Spitalgeschichten

Seltenen Krankheiten eine Stimme geben

Aufgrund meiner eigenen Geschichte ist es mir ein persönliches Anliegen, mich für Menschen mit einer seltenen Krankheit einzusetzen. Es liegt in der Natur einer seltenen Krankheit, dass es jeweils nur sehr wenige Betroffene gibt und dass sie und ihre Bedürfnisse kaum gehört werden.

Neben unzähligen lokalen, nationalen und internationalen Patientenorganisationen gibt es mit EURODIS eine patientengesteuerte, gesamteuropäische Allianz, welche über 30 Millionen Patienten mit einer seltenen Krankheit vertritt.

Unter anderem hat EURODIS die Rare Barometer Voices Initiative ins Leben gerufen. Betroffene und angehörigen von Menschen mit seltenen Krankheiten können sich online eintragen und werden fortan zu Umfragen eingeladen, welche sich um das Leben mit einer seltenen Krankheit drehen. Ziel ist es, den Patientinnen und Patienten auf internationaler politischer Ebene eine Stimme zu geben.

Falls ihr also selber an einer seltenen Krankheit leidet oder jemanden kennt, der betroffen ist, meldet euch an und helft der Initiative, gross zu werden.

Spitalgeschichten

Der Weg geht weiter

Für manche mag es schwer vorstellbar sein, aber ich bin erleichtert, seit ich gestern erfahren habe, dass ich in absehbarer Zeit erneut operiert werde. Eine grosse Operation, mit längerem Krankenhausaufenthalt, welche erneut einschneidende körperliche Veränderungen mit sich bringen wird. Eine neue Situation. Eine neue Chance. Ich bin nicht glücklich darüber oder froh, aber ich bin erleichtert. Erleichtert, weil ich weiss, dass etwas getan wird. Erleichtert, weil ich weiss, dass es noch Möglichkeiten gibt.

Der Weg, der sich in den letzten eineinhalb oft wie eine Sackgasse angefühlt hat, geht weiter und es gibt ein Licht am Ende des Tunnels. Eine Garantie auf Erfolg gibt es keine, aber es gibt berechtigte Hoffnung.

Bei all dem Frust und all den Schmerzen, die ich im Zusammenhang mit meiner Gesundheit in den letzten Monaten erlebt habe, bin ich dankbar dafür, dass es diesen Weg gibt. Er ist bestimmt keine gerade Schnellstrasse, sondern ein holpriger Feldweg, der einen zu Umwegen zwingt, aber es ist ein Weg. Mein Weg.

 

Essgeschichten, Studiumsgeschichten

Das Salz in der (Laien-)Presse

Diese Woche war hierzulande fast in jeder Zeitung zu lesen, Kanadische Wissenschaftler hätten herausgefunden, dass nicht nur ein zu hoher sondern auch ein zu tiefer Salzkonsum negative Auswirkungen auf das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen habe. Diese Erkenntnis ist umso bemerkenswerter, als dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und unter anderen auch die Schweiz in den letzten Jahren nationale und internationale Kampagnen zur Salzreduktion in der Ernährung etabliert haben. Das Ziel der Schweizer Salzstrategie ist es, den Salzkonsum von Herr und Frau Schweizer auf maximal 5g Kochsalz pro Person und Tag zu beschränken. So soll unter anderem gegen das Volksleiden Bluthochdruck vorgegangen werden. Dieser ist als unabhängiger Risikofaktor mit zahlreichen kardiovaskulären Erkrankungen wie Atherosklerose, Herzinfarkt oder Schlaganfall assoziiert.

Nun war als Folge der Publikation der Studie als Kanada überall in der Presse zu lesen, ein Salzkonsum von unter 3g am Tag sei gesundheitlich bedenklich und erhöhe das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen. Für meinen wöchentlichen Fachinput im Team der Ernährungsberaterinnen an meinem aktuellen Praktikumsort habe ich die Originalstudie im Internet ausfindig gemacht und war direkt ein bisschen stolz, weil ich herausgefunden, dass das, was in den letzten Tagen zu dem Thema publiziert wurde, nur die halbe Wahrheit ist.

Die Wissenschaftler haben den Natriumkonsum anhand der Ausscheidung im Urin ermittelt und sind dabei zu der Erkenntnis gelang, dass eine Ausscheidung von weniger als 3g Natrium pro Tag mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen einher geht. Nun ist Natrium aber nicht das Gleich wie Salz, welches in seiner chemischen Zusammensetzung eine Verbindung aus Natrium und Chlorid (NaCl) ist. Will man von der Menge Natrium auf die Menge Kochsalz (NaCl) schliessen, muss man mit einem Faktor 2.54 multiplizieren. Die 3g Natrium entsprechen umgerechnet also 7.62 NaCl und damit mehr als der doppelten Mengen Salz, wie sie in den Medien bereits als Untergrenze festgehalten wurde.

Spannend sind die Resultate der Studie aber allemal, wenn man bedenkt, dass eine Salzreduktion in der Ernährung, wie sie weltweit angestrebt wird, vielleicht doch nicht so effektiv ist, wie es bisher angenommen wurde. Die Autoren der Studie halten fest, dass ein Salzkonsum von 10-12g täglich mit dem niedrigsten  Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen einhergeht. Der durchschnittliche Konsum von Herr und Frau Schweizer beträgt gemäss den Angaben des Bundesamts für Gesundheit (BAG) 9g pro Person und Tag.  Ich bin gespannt, wie sich die neuen Daten in den nächsten Jahren auf die Ernährungsempfehlungen bezüglich des Salzkonsums auswirken werden.

 

Associations uf urinary sodium excretion with cardiovascular events in individuals with and without hypertension: a pooled analysis of data from four studies. Andrew Mente et al., 2016.

Alltagsgeschichten

Jung und krank – Radiosendung

Ich habe gestern Abend zufällig entdeckt, dass im Moment im Schweizer Radio SRF Virus eine Sendungsreihe unter dem Titel „Rehmann S.O.S – Sick of Silence“ läuft. Es handelt sich dabei um eine Interviewreihe mit jungen Menschen, die krank sind und über den Alltag mit ihrer Krankheit sprechen. Bisher wurden ein junger Mann mit Morbus Crohn und eine junge Frau mit Psoriasis interviewt.

Meinen allergrössten Respekt vor den Interviewten, dass sie so öffentlich zu ihrer Krankheit stehen und darüber erzählen! Manchmal ist darüber reden wichtiger, als jede Medizin.

Spitalgeschichten

Sich selber sein

Die letzte Woche war für mich keine gute Woche. Eintritt ins Krankenhaus, Narkose, OP, schlechte Neuigkeiten, Fieber, Planung nächste OP…Mitte der Woche war ich  ein Scherbenhaufen, habe mich im Bett verkrochen und mir noch nicht einmal mehr die Haare gekämmt. Scheiss Leben!

Es dauert jeweils seine Zeit, die Scherben zusammenzuflicken und vom Häufchen Elend wieder zum Mensch zu werden. Obwohl ich mittlerweile Übung darin habe, habe ich noch kein Patentrezept dafür gefunden. Die Erfahrung mit schwierigen Situationen gibt mir jedoch wenigstens die Zuversicht, dass irgendwann der Moment kommt, in dem ich wieder Lachen und wenigstens für ein paar Stunden vergessen kann, warum ich so tief unten war. Es geht weiter. Immer. Irgendwie.

In der Wiederaufbauphase zwischen Scherbenhaufen und Moni ist es für mich essentiell wichtig, ganz mich selber sein zu können. Ich will niemandem vorspielen, dass ich optimistisch bin, wenn ich es in Wirklichkeit anders empfinde und ich will nicht lachen, wenn ich mich so leer fühle, dass ich noch nicht einmal weinen kann. Um wieder aufstehen zu können, muss man erst ganz unten angekommen sein. In den letzten Jahren habe ich begriffen, dass es okay ist, sich auch mal fallen zu lassen und nicht zu funktionieren. Erfahrungsgemäss kommt der Moment, in dem man sich anschliessend wieder anziehen und das Haus (Bett) verlassen möchte, viel früher, als wenn man sich mühsam weiter durch den Alltag schleppt und die Fassade aufrecht erhält.

Ich bin wahrlich keine Meisterin darin, aber in den letzten Jahren habe ich gelernt, dass wir tief in uns drin wissen, was gut für uns ist und was nicht. Meistens ist es der erste Impuls, der uns die richtige Richtung weist: „Du brauchst jetzt Zeit für dich, um zur Ruhe zu kommen. Wenn du jetzt einfach so tust, als ob nichts gewesen wäre, geht bald gar nichts mehr.“ Sobald sich Ehrgeiz und Pflichtgefühl einschalten, entfacht ein heftiger Streit darüber, was zu tun ist: „Du musst diese Prüfungen schreiben.“ „Das ist eine Gruppenarbeit, da kannst du nicht einfach fehlen.“

Wenn es gelingt, für sich und seine Bedürfnisse einzustehen, hat man auf jeden Fall die richtige Entscheidung getroffen und es findet sich ein Weg.

Heute war ein guter Tag. Ich habe ihn mit Freunden verbracht. Ich war mich selbst – Moni.