Alltagsgeschichten

Datinghandbuch

Wenn ich mich mit Freundinnen unterhalte, geht es oft auch um Liebe, Dates und Beziehungen. Einige haben seit Jahren einen festen Partner, sind gerade frisch verliebt oder glücklicher Single und wieder andere, genau wie ich, auf der Suche. Man gibt sich gegenseitig Ratschläge und nimmt diese auch gerne an, um anschliessend im „Ernstfall“ festzustellen, dass doch jeder für sich selber herausfinden muss, was sie möchte und was nicht. Nur weil die eine sich auf den ersten Blick unsterblich verlieben kann, bedeutet das nicht, dass eine Liebe nicht auch durch langsames Kennenlernen und aneinander herantasten wachsen kann. Einige stürzen sind kopfüber ins Abenteuer, andere brauchen mehr Zeit und machen sich viele Gedanken. Richtig oder falsch? Gibt es nicht.

Trotzdem wünsche ich mir manchmal ein Handbuch, in dem alles genau beschrieben steht und das mir auf jeder Stufe des Kennenlernprozesses verrät, ob ich auf dem richtigen Weg oder gerade dabei bin, einen Systemabsturz zu generieren.

Was kann ich denn verlieren, wenn es schief geht? Vermutlich nicht annähernd so viel, wie ich als „Vieldenkerin“ es mir ständig ausmale. Ich verliere aber ganz sicher, wenn ich das Wagnis, jemanden näher kennenzulernen, gar nicht erst eingehe. Wer eine Mauer um sich herum baut, darf sich nicht wundern oder beklagen, wenn diese Grenze auch respektiert wird.

Sollte es dann doch einen Systemabsturz geben, kann ich mich aber mit Sicherheit darauf verlassen, dass mir meine Freunde mit Rat, Tat und Taschentüchern zur Seite stehen werden.

Alltagsgeschichten

Partnersuche 2.0

Nachdem es beim Speeddating mit dem „Partner fürs Leben“ nicht geklappt hat und ich irgendwie nie da bin, wo man interessante in meinem Alter Männer kennenlernt, wage ich einen Versuch mit der hierzulande wohl bekanntesten Flirt-App. Ehrlich gesagt ist es schon der dritte, wobei ich es bei den ersten beiden Malen schon nach wenigen Tagen so ätzend fand, dass ich die App wieder deinstalliert hatte. Etwas Ernsteres hat sich nie ergeben.

Das Prinzip ist ganz simpel: Man lädt sich die Applikation aufs Handy, meldet sich an und schwupp kriegt man unzählige Fotos von Männern in der gewünschten Altersgruppe präsentiert. Einmal nach links zwischen bedeutet „No Go“, mit einem Fingerzeig nach rechts signalisiert man Interesse. So einfach. So oberflächlich?

Haben beide Interesse, kann man sich via Chat austauschen und entscheiden, ob man für ein persönliches Treffen bereit ist.

Wenn man sich die Profile der Männer so anschaut, dann sehen sie zu 90% identisch aus: Jeder reist und isst gerne, man(n) studiert, kann mehrere Sprachen, ist sehr sportlich, liebt die Natur, seine Freunde und gute Partys. Interessant finde ich, dass es mittlerweile zum guten Ton zu gehören scheint, irgendeine ausgefallene Sportart wie Paragliding, Kitesurfing oder Fallschirmspringen zu betreiben.Was ist aus Fussball oder Unihockey geworden?

Einen Fingerzeig nach links kriegen bei mir alle, die sich mit nacktem Oberkörper oder Zigarette im Mund ablichten. Wenn einer der Herren in enger Umarmung mit einer hübschen Dame abgebildet ist, macht mich das ebenfalls misstrauisch. Kann ja sein, dass es „nur“ die Schwester oder eine gute Freundin ist, aber die Überlegung dahinter verstehe ich trotzdem nicht.

Mal sehen, wie lange die App dieses Mal auf meinem Handy installiert bleibt…

Alltagsgeschichten

Selbstbestimmung

„Und da erkannte ich das Geheimnis: Die Geschichten sind tatsächlich schon geschrieben, aber wir können sie verraten und uns mit dazu. Wir können so leben, wie wir glauben, leben zu müssen oder nicht anders leben zu können, doch es wird immer ein Leben geben, wie es für uns gemeint ist; es ist jenes, das uns am glücklichsten macht und das uns zu unserer wahren Grösse erhebt; was auch immer der Preis dafür sein möge und wie viel auch immer wir dafür auf uns nehmen müssen.“ (Thomas Meyer, Wolkenbruchs wundersame Reise in die Arme einer Schickse)

Thomas Meyers Bestseller über einen jungen Zürcher Juden auf der Suche nach der Frau fürs Leben ist leicht und unterhaltsam geschrieben, doch mit diesem Absatz hat der Autor etwas angesprochen, was für mich in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen hat.

Es geht nicht immer nur darum, allen anderen zu gefallen und stets zu tun, wovon man glaubt, dass es von einem erwartet wird. Meiner Meinung nach sind wir in den Momenten am glücklichsten, in denen wir zu hundert Prozent uns selbst und damit authentisch sein können. Für sich und seine eigenen Bedürfnisse einstehen zu können ist eine der grössten menschlichen Stärken. Wenn wir mit uns und unseren Entscheidungen im Reinen sind, so werden sie die Menschen, denen wir wirklich wichtig sind, auch mit uns tragen.

Ich glaube an ein Schicksal und dass gewisse Dinge im Leben vorgegeben sind und wir diese hinnehmen müssen. Doch wie wir damit umgehen, bleibt uns selber überlassen. Manchmal müssen wir dafür Umwege gehen oder gar mühsame Aufstiege in Kauf nehmen, doch am Ende hat es sich immer dann gelohnt, wenn wir den Weg gewählt haben, auf dem wir uns selbst geblieben sind.