Alltagsgeschichten, Pendeln

Erste Hilfe

In der Schweiz ist es obligatorisch, vor dem Erwerb des Führerscheins einen Erste Hilfe Kurs zu absolvieren. Man übt alle möglichen Situationen in der Theorie und an Fallbeispiel und lernt das Einmaleins des Helfens in medizinischen Notfallsituationen. So weit, so gut.

Dieser Kurs ist bei mir sieben Jahre her und war bisher noch nie in der Situation, dass ich hätte helfen müssen. Bis heute.

Nach einem Shoppingtrip ins schöne Konstanz am Bodensee war ich auf dem Weg nach Hause, wo ich mich auf einen Kaffee, mein Buch und den Liegestuhl freute. Ein perfekter freier Tag! Ich stand im Eingangsbereich der gut gefüllten S-Bahn und unterhielt mich mit einem ehemaligen Schulkollegen, den ich zufällig getroffen hatte.

Bei der zweiten Haltestelle stieg ein Mann mit einem Helm ein. Ich sah ihn aus dem Augenwinkel und dachte: „Bestimmt ein Epileptiker.“ Die Türen schlossen sich, die Bahn fuhr wieder an und ehe ich mich versah, kippte der Mann nach hinten um in meine Richtung. Ich hörte mich sagen: „Der hat einen epileptischen Anfall.“

Mein Schulkollege und ein anderer Mann brachten den Patienten so gut es ging in eine Seitenlage, während eine weitere Passagieren den Rettungsdienst alarmierte und die Notbremse zog.

Zum Glück dauerte der Anfall nicht lange und der Mann kam wieder zu sich. Wir halfen ihm, sich hinzusetzen und stiegen schliesslich aus der Bahn aus, um mit ihm auf die Ambulanz zu warten. Ich war dankbar, dass ich in der Situation nicht alleine war, fühlte mich unbeholfen und schwankte zwischen“Ich will dem armen Mann auf keinen Fall zu nahe treten und es für ihn noch unangenehmer machen, als es ohnehin schon ist “ und „Ich muss irgendwas tun oder sagen und kann hier nicht einfach so rumstehen“.

Der Rettungsdienst war wenige Minuten später vor Ort und der ganze Spuck vorbei. Darf und soll man die Notbremse wegen eines medizinischen Notfalls ziehen? War es überhaupt notwendig, die Ambulanz zu informieren, wo es dem Mann doch schon nach wenigen Minuten wieder viel besser ging? Fragen über Fragen.

In der Theorie hört sich „Helfen“ recht einfach an, aber eine Alltagssituation ist viel komplexer als ein gestelltes Übungsbeispiel. Ruhig bleiben hilft und wenn ein paar Leute geistesgegenwärtig zusammenarbeiten, ist wohl schon viel getan.

Spitalgeschichten

Allzeit bereit

Erkenntnis des gestrigen Tages:

Man sollte sich (auch als Single) nicht nur im Sommer sondern auch im Winter regelmässig die Beine epilieren. Man weiss nicht, wann man unverhofft auf der Notfallstation landet und einen hübschen Assistenzarzt begegnet.

Bei schlimmen Notfällen hat man natürlich andere Sorgen, aber bei „Kleinigkeiten“ sollte die lange Warterei wenigstens etwas Positives haben.

Spitalgeschichten

Alte Bekannte

Letzte Woche war ich zum Entfernen der Fäden an der Operationsnaht im Krankenhaus. Während ich im Flur brav auf einem Stuhl wartete, bis ich an der Reihe war, kam die Stationsleiterin aus ihrem Büro. Sie begrüsste mich mit Namen und fragte, wie es mir so gehe. Keine zwei Minuten später kam ein Assistenzarzt und sprach mich ebenfalls mit Namen an, was mich nun wirklich verwunderte, weil die in einer Woche bestimmt an die hundert Patienten sehen.

Vor ein paar Tagen war ich wegen eines Mini-Notfalls in der Poliklinik. Das richtige Stockwerk fand ich in dem rieseigen Gebäudekomplex blind und in der Cafeteria holt ich mir zuvor noch eine Flasche Mineralwasser (man weiss ja nie, wie lange man warten muss). Bezahlt habe ich mit einem Gutschein, den ich erhalten hatte, weil mein Zimmer beim letzten Mal erst drei Stunden nach meinem Eintritt bezugsbereit gewesen war.

Die junge Dame am Empfangsschalter wusste schon, wer ich war, bevor ich meine Krankenkassenkarte zücken konnte. Der Professor, der mich operiert hatte, kam freudestrahlend auf mich zu: „Frau Moni, sind Sie notfallmässig da?“ Warum er dabei so zufrieden aussah, ist mir nach wie vor ein Rätsel aber ich hatte ja schon einmal geschrieben, dass sein Humor zuweilen etwas eigenartig ist.

Im Wartezimmer traf ich zufällig eine Patientin, die noch vor zwei Wochen mit mir im Zimmer gelegen hatte. Mittlerweile war sie auch operiert und auf dem Weg der Besserung. Die Pflegefachfrau, die mich ins Behandlungszimmer führte, bedauerte, dass ich schon wieder da sei und der Assistenzarzt, der mich darauf untersuchte, konnte sich auch noch bestens an mich erinnern.

Was sagt mir das alles? Ich habe schon viel zu viel Zeit in diesem Krankenhaus verbracht.