Essgeschichten, Studiumsgeschichten

Homeoffice für Privilegierte – Teil 3

And the winner is….

Als letzte gute Tat des Jahres 2015 haben sich meine fünf Gäste an Silvester mutig dazu bereit erklärt, als erste meine gesamte Joghurtkollektion zu probieren. Ihre empfindlichen Gaumen bewegten sie zu teilweise vernichtenden Urteilen. Nicht wenige meiner Joghurts wurden mehrfach mit dem Prädikat „ekelhaft“ bestraft. Dabei hatte ich die wirklich scheusslichen bereits vor der Verkostung weggeschüttet. Schliesslich wollte ich nicht einsam ins neue Jahr rutschen, während sich meine Gäste auf der Toilette abmühen, meine Eigenkreationen wieder loszuwerden.

Bei den Pflanzenmilchen ging die Kokosmilch als klare Favoritin hervor. Die daraus entstandenen Joghurts sind geschmacklich einwandfrei und haben eine wunderbar cremige Konsistenz. Durch die Zugabe von Früchten und eiweissfreiem Schokoladenpulver kann sie nach Belieben abgeschmeckt werden. Reismlich und speziell eiweissarme Milch sind gewöhnungsbedürftig, aber ich persönlich fand sie auch nicht verkehrt. Komplett durchgefallen sind Reis-Haselnuss-Drink und Reis-Quino-Drink. Ich habe ja noch nie Erbrochenes gegessen, aber der Geschmack hat mich stark daran erinnert. Pfui!

Ich finde, dass sich mein Experiment gelohnt hat und ich werde dem Team der Ernährungsberatung an meinem Praktikumsort ein einfach umsetzbares Rezept für eiweissarme Joghurts präsentieren können. Ich weiss nun, worauf es bei der Herstellung ankommt und was nicht funktioniert.

Essgeschichten, Studiumsgeschichten

Homeoffice für Privilegierte – Teil 2

Ein Bisschen komme ich mir vor wie eine Wissenschaftlerin, die so lange an einem Experiment herumtüftelt, bis es (hoffentlich) irgendwann funktioniert. Eine Erkenntnis hat sich bisher besonders eindeutig herauskristalisiert: Joghurtbakterien brauchen Futter in Form von Laktose, sonst streiken sie und verweigern die Arbeit. Das nahrungsfaserreiche Johannisbrotkernmehl scheint für eine cremige Konsistenz förderlich zu sein.

 

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Nachdem ich gestern noch verschiedene Rezepturen und Zusammensetzungen ausprobiert hatte, habe ich mich heute auf das Rezept konzentriert, welches gestern das beste Resultate bezüglich der Konsistenz geliefert hat und es mit allen mir zur Verfügung stehenden Milchen erneut zubereitet.

Meiner Meinung nach sollte ein Joghurt cremig und weder zu fest noch zu flüssig sein. Einige der Versuche von gestern waren geschmacklich zwar gut, glichen jedoch eher einem Milchshake. Ein paar andere, welche ich gemäss einem Rezept aus dem Internet mit dem pflanzlichen Geliermittel Agar-Agar zubereitet hatte, hatten die Konsistenz eines Schwabelpuddings und sind bei mir auch beim Geschmackstest durchgefallen.

Die Geschmacksvariationen, welche ich morgen meinen Silvestergästen zum Probieren vorlegen werde, sind:

  • Reisdrink
  • Reisdrink mit Mandel
  • Mandeldrink
  • Haferdrink
  • eiweissarme Spezialmilch mit Schokogeschmack
  • eiweissarme Spezialmilch nature
  • Reisdrink mit Kokosmilch
  • Kokosmilch
  • Reisdrink mit Haselnuss

Bis heute Abend ruhen die Joghurtgläser auf der warmen Ofenbank.

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Ich bin schon sehr gespannt auf ihr Urteil.

Essgeschichten, Studiumsgeschichten

Homeoffice für Privilegierte – Teil 1

Ich habe gerade den coolsten Job der Welt! Mein Arbeitsplatz liegt direkt neben der Kaffeemaschine und im Hintergrund läuft laut die neuste CD von Adele (Weihnachtsgeschenk meines Lieblingsbruders).

Heute und morgen darf ich daheim bleiben und meine ganze kulinarische Kreativität in mein persönliches Joghurtlabor stecken. Vom Kinderspital habe ich den Auftrag, Rezepte zur Herstellung eiweissarmer Joghurts auszuarbeiten.

Hä, eiweissarme Joghurts? Wer braucht den sowas? Eiweissstoffwechselstörungen gehören zwar zu den seltenen Erkrankungen, sind aber im Vergleich zu anderen Syndromen aus dieser Kategorie gar nicht so selten. Habt ihr euch schon einmal darauf geachtet, dass auf vielen Produkten irgendwo in der Nähe der Allergen steht „enthält eine Phenylalaninquelle“? Das kommt daher, weil es einige Menschen gibt, welche die Aminosäure Phenylalanin nicht verstoffwechseln können. Sie leiden an der sogenannten Phenylketonurie und müssen, besonders im Kindes- und Jugendalter, streng darauf achten, sich möglichst phenylalanin- und damit proteinarm zu ernähren.

Für die Betroffenen gibt es inzwischen eine Vielzahl an Spezialprodukten. Geniessbare Joghurts gehören bis anhin nicht dazu. Um den Eltern betroffener Kinder etwas in die Hand zu geben, soll ich während meines Praktikums nun an solchen Rezepten herumtüfteln.

In den letzten Wochen und Tagen habe ich mir nach und nach das nötige Material und ein paar Grundrezepte beschafft. Joghurt-Ferment (die lieben Bakterien-Helferlein), Agar-Agar, Inulin, Johannisbrotkernmehl, Laktose, eiweissarme Spezialmilchen und Pflanzenmilchen. Alle tierischen Milchprodukte und Sojamilch scheiden als Grundzutat aus, weil sie schlicht zu viel Protein enthalten. Ausserdem habe ich mir eine Joghurt-Box und ein Thermometer angeschafft. Man findet die Ausrüstung zur Joghurtherstellung zwar nicht in jedem beliebigen Supermarkt, aber Reformhäuser und Drogerien sind auf jeden Fall gute und zuverlässige Anlaufstellen. Was sie nicht vorrätig haben, können sie innerhalb von 24 Stunden bestellen.

Nachdem ich heute morgen fleissig verschiedene Mischungen angerührt habe, sind nun die Milchsäurebakterien an der Reihe und vergären hoffentlich motiviert und fleissig meine Joghurts. Auf die Resultate meines Experiments bin ich schon sehr gespannt…

Studiumsgeschichten

Pat mit CF auf PSU braucht PEN

Was lernt man als erstes, wenn man in einer Klinik arbeitet?

Abkürzungen.

Sobald man diese begriffen hat, kann man sich daran machen, das Fachchinesisch, welches sich dahinter verbirgt, zu entschlüsseln. Ganz zu schweigen von den internen Bezeichnungen für gewisse Stationen und Teilbereiche des Krankenhauses.

Es ist ohnehin schwer genug, als Neuling einem interdisziplinären Stationsrapport zu folgen, aber wenn die Profis dann auch noch mit Abkürzungen um sich schmeissen, bin ich vollends verloren.

OSG -> Oesophagogastroduodenoskopie

PKU -> Phenylketonurie

TF -> Trinkflüssigkeit

GDB -> Gestationsdiabetes

SZT -> Stammzelltherapie

Phe -> Phenylalanin

MM -> Muttermilch

KSG -> Kinderschutzgruppe

IPS -> Intensivpflegestation

Km -> Kindsmutter

ET -> Ernährungstherapie

Spez. Gewicht -> Spezifisches Gewicht von Urin

Adi -> Adipositas

HPA -> Hyperphenylalaninämie (wer dieses Wort dreimal hintereinander ohne Versprecher laut aufsagen kann kriegt einen Preis von mir)

Übrigens, übersetzt lautet der Titel dieses Blogeintrags: „Ein Patient mit cystischer Fibrose auf der Pflegestation U braucht parenterale Ernährung.“ Alles klar?