Studiumsgeschichten

Praktikantenstatus

Wie man als Berufsanfänger oder Berufsanfängeri wahrgenommen wird, hängt natürlich einerseits vom eigenen Auftreten ab, andererseits aber auch davon, wie man von den direkten Vorgesetzten bezeichnet beziehungsweise anderen gegenüber vorgestellt wird.

Bis vor einiger Zeit hätte ich nicht gedacht, dass ich auf vermeintliche Kleinigkeiten wie die korrekte Bezeichnung meiner aktuellen beruflichen Position Wert legen könnte, aber es ist tatsächlich so.

Für mich ist ein Praktikant jemand, der keinerlei Ausbildung oder Berufserfahrung mitbringt, die ihn oder sie für die Ausübung seiner aktuellen Tätigkeit qualifiziert. Als ich nach der Matura ein halbes Jahr in der Pflege im Krankenhaus gearbeitet habe, war ich ganz klar eine Praktikantin, weil ich davor noch nie mit diesem Beruf in Berührung gekommen war und abgesehen von meiner Sozialkompetenz keinerlei Vorkenntnisse mitgebracht hatte.

Wenn ich im Rahmen meines Studiums in die Praxis gehe, dann sage ich zwar immer, dass ich ein Praktikum mache, aber ich werde nicht so gerne als Praktikantin vorgestellt, weil ich da die Erfahrung gemacht habe, dass mein Gegenüber absolut nichts von mir erwartet. Ärzte und Pflegende nehmen mich nicht wirklich Ernst und Patienten haben schnell das Gefühl, man würde eine blutige Anfängerin auf sie loslassen und reagieren deshalb ablehnend. Dabei kann und weiss ich zwar längst nicht alles, aber doch schon einiges.

Ich bevorzuge die Bezeichnung „Studierende“ oder „Ernährungsberaterin in Ausbildung“. Damit räumt man mir eine gewisse Kompetenz ein, ohne dass ich gezwungenermassen die komplette Verantwortung alleine übernehmen muss.

Studiumsgeschichten

Der lange Weg ins dritte Semester

Unglaublich aber wahr: Moni hat es ins dritte Semester geschafft!

Wenn man die drei Jahre Studium, dich ich schon hinter mich gebracht habe, zusammenzählt, könnte ich eigentlich schon den Bachelor haben. Wenn man die beiden Zwischenjahr noch dazu nimmt, sogar den Master. In Wirklichkeit starte ich am 14. September ins dritte Semester. Zum ersten Mal.

Es hat ein bisschen länger gedauert, bis ich meinen Platz in der grossen Welt der Studien- und Berufswahl gefunden habe. Als Schülerin wollte ich unbedingt Primarlehrerin werden, jahrelang. Irgendwann habe ich dann festgestellt, dass Kinder ungeheuer anstrengend sind und ich mit meinen 1.57 m und meinem eher sanften Gemüt nicht unbedingt zur Respektsperson tauge. Dann wollte ich Medizin studieren. Unbedingt. Es war mein ganz grosser Traum. Ich bin zweimal am Numerus clausus gescheitert und es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich darüber hinweggekommen bin.

Von 2011 bis 2012 habe ich an der Universität Zürich Psychologie studiert. Ich habe nach dem Assessmentjahr zusammen mit rund 600 anderen die Prüfungen abgelegt und bestanden. Ich hätte ins dritte Semester einsteigen können, ganz legal, aber ich wollte nicht. Die Psyche des Menschen interessiert mich noch heute und ich fand die Vorlesungen damals sehr spannend, aber ich konnte mir je länger je weniger vorstellen, mein Leben damit zu verbringen, mir die Probleme anderer anzuhören. Viele Psychologen arbeiten in der Forschung, aber dort wäre ich wohl auch nicht glücklich geworden. Ausserdem erschienen mir manche Theorien über die menschliche Psyche doch sehr abstrakt und teilweise an den Haaren herbeigezogen. Vielschichtige Persönlichkeiten aufgrund von irgendwelchen Tests oder spezifischen Merkmalen in Schubladen zu stecken, um sie besser greifbar zu machen, behagt mir nicht.

An der ETH, wo ich von 2012 bis 2013 Gesundheitswissenschaften und Technologie studiert habe, habe ich wunderbare Menschen getroffen, mit denen ich heute noch befreundet bin und engen Kontakt pflege. Es herrschte eine komplett andere Atmosphäre als an der Universität. Obwohl wir auch weit über 200 Studierende waren, kannte man sich und es wurde trotz der hohen Anforderungen viel gelacht. Ich habe viel gelernt über Chemie, Biologie, Mathematik und sogar ein bisschen über Biomechanik. Für eine genügende Note bei der Basisprüfung nach dem ersten Jahr hat es nicht gereicht. Da war mein Selbstwertgefühl ziemlich angeknackst und ich hatte für ein paar Tage grosse Lust, alles hinzuschmeissen und mich nur noch im Bett zu verkriechen.

Schliesslich habe ich mich doch aufgerafft und ich bin zur Studienberatung gegangen. Sie hat mich auf den Studiengang „Ernährung und Diätetik“ an der Berner Fachhochschule aufmerksam gemacht. Ich habe die Informationsveranstaltung besucht, mich angemeldet, erst die schriftliche und dann die praktische Aufnahmeprüfung bestanden und den dritten Erstsemestrigentag meiner Studentinnenkarriere hinter mich gebracht.

Im vergangenen Jahr ist viel passiert. Ich bin von daheim aus- und in eine WG eingezogen. An der Fachhochschule habe ich viele tolle neue Leute kennengelernt und bin intensiv in die Welt der gesunden Ernährung eingetaucht. Mein erstes Praktikum als Ernährungsberaterin in der Psychiatrie hat mir Spass gemacht und gezeigt, dass ich dieses Mal auf dem richtigen Weg bin, auch wenn die Psychiatrie selbst wohl nicht das Arbeitsumfeld meiner Wahl sein wird. Ich habe zwei grosse Operationen und unzählige Arzttermine hinter mich gebracht, trotzdem alle Prüfungen bestanden und nie die Motivation für das Studium verloren. Letzte Woche bin ich aus der WG aus- und in eine Einzimmerwohnung eingezogen.

Mein Weg ins dritte Semester hat fünf Jahre gedauert, aber es waren keine verlorenen Jahre. In dieser Zeit habe ich viel gelernt, über die Welt und über mich. Ich habe Menschen getroffen, die mir wichtig sind und ich habe Erfahrungen gesammelt, die mich zu dem machen, was ich heute bin. Jetzt bin ich bereit für das dritte Semester, ausgestattet mit einem ganzen Rucksack voller Werkzeuge und Ressourcen, um die kommenden Herausforderungen bewältigen zu können.

Spitalgeschichten, Studiumsgeschichten

Studenten am Werk

Das ungefähre Gegenteil der Chefarztvisite ist der Besuch von Medizinstudierenden am Krankenbett. Der weisse Kittel scheint ihnen noch etwas zu gross und sie haben mehr Angst vor mir als ich vor ihnen.

„Guten Tag, mein Name ist XY“, stellt sich der junge Herr vor. „Wir wurden Ihnen angekündigt, oder?“ Das stimmt. Die junge Dame an seiner Seite, sie wird etwa in meinem Alter sein, hält sich verlegen lächelnd im Hintergrund. „Also ich muss Ihnen gleich sagen, dass wir noch überhaupt keine Ahnung von diesem Fachgebiet haben, aber wir würden Ihnen gerne einfach mal ein paar Fragen stellen.“ Klar, kein Problem.

„Warum sind Sie hier?“ Die Frage gleich zu Beginn überrascht mich dann doch und ich versuche, eine halbwegs vernünftige Antwort zu gehen. Von meiner Diagnose haben sie noch nie etwas gehört, ich schaue in fragende Gesichter. „Ah, interessant“, so die Reaktion auf meinen Erklärungsversuch. „Und, wie geht es Ihnen so damit?“

Ich finde es gut, wenn Studierende schon früh die Möglichkeit erhalten, ihre Fähigkeiten direkt am Krankenbett zu üben. Schliesslich werde ich innerhalb meines Studiums auch bald mein erstes Praktikum absolvieren und auf die Geduld der Klientinnen und Klienten angewiesen sein. Aber heute habe ich mich gefragt, ob es nicht sinnvoller gewesen wäre, die beiden hätten ein klar strukturiertes Anamnesegespräch oder eine Routineuntersuchung mit mir geübt, anstatt einfach blind drauf los zu fragen und am Schluss doch nichts in der Hand zu haben, was sie wirklich weiter bringt…

Studiumsgeschichten

Vorlesung – Hingehen oder nicht?

(Erfolgreich) studieren ist eine Kunst, die man bis zu einem gewissen Grad erlernen kann. Eine Frage, die Studierende immer wieder umtreibt, ist der Nutzen von Vorlesungsbesuchen. Vermittelt der Dozent das Wissen auf anschaulichere Weise als das Lehrbuch oder gibt er gar zusätzliche Informationen, die an der Prüfung abgefragt werden? Oder sitze ich einen ganzen Tag an der Hochschule und schreibe Blogeinträge, weil die Dozentin einfach ihre Folien vorliest und ich sie in der Hälfte der Zeit selber hätte durcharbeiten können? Frei nach dem Motto: „Wenn alles schläft und einer spricht, sowas nennt man Unterricht.“

In den meisten Fällen gelingt es mir nicht im Voraus diese Fragen eindeutig zu beantworten, womit ich zu den Stundentinnen gehöre, die in den Lehrveranstaltungen regelmässig anwesend sind. Regelmässig, aber nicht immer.

Mit zunehmender Erfahrung lernt man, was man braucht, um den Stoff zu verstehen und an den Prüfungen gut abzuschneiden. Ausserdem gibt es einfach Dozenten, deren Lehrveranstaltungen man auf keinen Fall verpassen will, weil sie einem immer wieder vor Augen führen, warum man sich für ein Studium im jeweiligen Fach entschieden hat. Richtig spannend wir es dann, wenn man zum Mitdenken angeregt wird und eine Diskussion zwischen den Studierenden und den Lehrenden entsteht.

Heute war ich mal wieder in einer richtig guten Vorlesung. Woran ich das erkannt habe? Die Dozentin hat es geschafft, dass ich ihr in der kritischen Zeit zwischen 17 und 19 Uhr abends meine volle Aufmerksamkeit geschenkt habe und danach wacher war als zuvor.