Studiumsgeschichten

Die (hoffentlich) letzte Prüfung

Am Freitag war es soweit: Die (hoffentlich) letzte Prüfung meines Bachelorstudiums. Wer hätte vor drei Jahren gedacht, dass dieser Tag jemals kommt? Also ich nicht. Ich schreibe hoffentlich in Klammern, weil ich das Prüfungsresultat noch nicht bekommen habe und man weiss ja nie. Das Bauchgefühl kann einem auch mal einen Streich spielen. Alles schon passiert.

Im Voraus war ich mir sehr unsicher, wie ich diese Prüfung einzuordnen habe. Man konnte sie einerseits relativ gut vorbereiten und andererseits bestand sie aus einer Reihe von Unbekannten. Da ich die Tage davor noch halb krank war, hielt sich die investierte Vorbereitungszeit bei mir sehr in Grenzen. Dass es sich um eine mündliche Prüfung handelte, machte mich zusätzlich nervös. Ich bevorzuge bekanntlich Multiple Choice.

Die ersten 45 Minuten der finalen Prüfung beinhalteten eine von mir durchgeführte Ernährungsberatung. Die Klientin, eine 35-jährige Frau mit neu diagnostiziertem Schwangerschaftsdiabetes, wurde von einer Schauspielerin mit aufblasbarem Kunstbauch gespielt. Die Fallbeschreibung hatten wir eine Woche zuvor erhalten und uns entsprechend mit Hilfsmitteln auf die Beratung vorbereiten können. Eine Gestationsdiabetikerin kam mir sehr entgegen, da ich solche Fälle auch schon in einigen meiner Praktika beraten hatte. Es hätte also weit schlimmer kommen können.

Die Beratung fand in einem Raum mit verspiegelter Glasscheibe statt (ähnlich wie bei CSI). Die beurteilenden Dozentinnen sassen auf der anderen Seite der Scheibe und konnten mich genau beobachten, während ich sie nicht sah. Auf dem Tisch stand ein Mikrofon, welches die ganze Sequenz aufzeichnete und mir gegenüber war eine Kamera, die fleissig alles mit filmte. Big Brother is watching you. Von allen Seiten.

Zu Beginn der Beratung war ich entsprechend nervös, aber die Klientin war zum Glück relativ aufgeschlossen und wir fanden relativ schnell eine gute Gesprächsebene, um uns zu unterhalten. Ich macht eine ausführliche Anamnese, um mir ein Bild der Gesamtsituation der viel beschäftigten werdenden Mutter machen zu können. Meiner Schätzung nach hatte die Anamnese etwa 15-20 Minuten gedauert, doch als ich verstohlen auf meine Uhr schielte, stellte ich erschrocken fest, dass mir für die Informationsvermittlung nur noch gut zehn Minuten blieben. Schei***! „Ruhig bleiben, dir nichts anmerken lassen, Prioritäten setzen, die Beratung zu Ende bringen.“ Das waren etwas die Stichworte, mit denen ich mich selber zu beruhigen versuchte. Ich kann bis jetzt nicht sagen, ob die Klientin gemerkt hat, dass ich unter Zeitdruck war oder nicht. In der verbleibenden Zeit konnte ich ihr noch die wichtigsten Informationen mitgeben, doch mein Fachinput war definitiv zu knapp. Mit ein oder zwei Minuten Verzögerung schloss ich die Beratung ab und verabschiedete die Klientin. Hallelujah, der für mich schlimmste Teil war geschafft!

Anschliessend hatte ich eine Stunde Zeit, um im stillen Kämmerlein meine Beratung anhand des Ernährungstherapeutischen Prozesses (ETP) zu reflektieren und zusätzlich eine Verknüpfung zu einem sozial-kognitiven Prozessmodell (HAPA-Modell) zu erarbeiten. Ich atmete also erst ein paar Mal tief ein und aus und machte mich dann daran, mein Vorgehen und den Beratungsablauf zu reflektieren. Reflektiert haben wir in den letzten drei Jahren zu genüge. Ich habe schon vorgeschlagen, unseren Studiengang von „Ernährung und Diätetik“ auf „Ernährung und Reflexion“ umzubenennen.

Nach den 60 Minuten Vorbereitungszeit ging’s zum Fachgespräch mit den zwei Dozentinnen. Sie stellten Fragen, ich konnte das Gespräch aber auch selber ein wenig lenken, in dem ich redete und redete und redete und einfach alles erwähnte, was mir irgendwie wichtig erschien. Kurz peinlich wurde es, als man mich fragte, wie viele Wochen man denn schwanger sei und ich mir bei der Antwort äusserst unsicher war. Neun Monate, klar, aber Wochen…38 bis 40, je nachdem, ab wann gerechnet wird? Verrechnet habe ich mich anschliessend auch noch, aber ich will ja auch nicht den Bachelor in Mathematik sondern in Ernährung. Die dreissig Minuten Fachgespräch vergingen wie im Flug und ich fühlte mich bis auf die oben beschriebenen Pannen einigermassen kompetent.

Als die Uhr gestoppt wurde, konnte ich nicht anders, als über das ganze Gesicht erleichtert zu strahlen. Ein riesiger Stein fiel mir vom Herzen und zum ersten Mal seit langer, langer Zeit (oder zum ersten Mal überhaupt), hatte ich wirklich das Gefühl, dass das Studium bald ein Ende nimmt und der Abschluss in absehbarer Zeit über die Bühne geht. Endlich!

Die drei Jahre in Bern waren super und ich werde viele meiner Mitstudierenden und die tolle Atmosphäre in der Kohorte sehr vermissen, aber gerade das vergangenen Semester hat extrem an meinen Kräften gezehrt und ich sehne den Abschluss herbei. Freie Abende und freie Wochenenden: Ich freue mich auf euch!

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Lösungsaustausch

Warum bespricht man nach einer Prüfung sämtliche Prüfungsfragen, bei denen man sich unsicher war und die man sich merken konnte? Weil man sich gerne von den anderen in seiner Meinung bestätigt fühlen möchte. Man will das Gefühl, richtig geraten und dir korrekte Antwort angekreuzt zu haben.

Was passiert stattdessen? Man weiss danach nicht nur, dass man zu mindestens 75% falsch geraten hat, sondern auch noch, dass man einige der Fragen, bei denen man sich absolut sicher war, ebenfalls falsch beantwortet hat.

Und die Moral von der Geschichte? Prüfungsraum verlassen, Klappe halten oder über alles andere, nur nicht über die Prüfung sprechen.

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Vorbereitung

Vorbereitung ist die halbe Miete und ErnährungsberaterInnen tragen von Berufswegen eine Mitschuld am Klimawandel. Oder so.

Nächsten Dienstag hole ich die Prüfung im Modul „Beratung von spezifischen Bevölkerungsgruppen“ nach. Es handelt sich dabei um einen mündlichen Kompetenznachweis, bei dem ich eine Schauspielerin oder einen Schauspieler berate. Während bei der letzten Beratungsprüfung klar war, dass mich ein gesunder Erwachsener mit einem Anliegen erwartet, sind die Optionen nun etwas vielfältiger. Zu den „spezifischen Bevölkerungsgruppen“ zählen Schwangere, Stillende, Säuglinge und Kleinkinder, Jugendliche, Senioren, Sportler und Migranten. Sie alle haben, was die Ernährung betrifft, spezifische Bedürfnisse. Folglich muss ich für die Prüfung auf alles vorbereitet sein.

Den beraterischen Teil in der Ernährungsberatung habe ich mir immer ein bisschen zu einfach vorgestellt. Man geht hin, ist nett zu dem Klienten oder der Klientin und deckt ihn oder sie mit Fachwissen ein. Ganz so leicht ist es jedoch nicht und gerade für Anfängerinnen wie mich bedeutet jede Beratung eine enorme Vorbereitung. Ich muss das Wissen präsent haben, mich auf mögliche Fragen des Gegenübers einstellen (soll ich die Supplementierung von Vitamin D bei Kindern nun generell empfehlen, wenn mich eine Mutter danach fragt?) und idealerweise auch noch ein paar sogenannte Hilfsmittel bereithalten, mit denen ich Sachverhalte und Vorschläge visualisieren kann: Bilder von proteinreichen Lebensmitteln, die Lebensmittelpyramide speziell für Kinder, Menuevorschläge für Sportler in der Wettkampfvorbereitung und so weiter und so fort.

Nun habe ich mir gestern einen ganzen Ordner voller Unterlagen, die ein paar meiner Mitstudierenden und ich im Teamwork erstellt und zusammengesucht haben, ausgedruckt und mich dabei der Abholzung des (Regen-)Waldes schuldig gefüllt, weil der Papierberg immer höher wurde und der Drucker nach einer Stunde vorübergehend die Arbeit verweigerte. Theoretisch bin ich nun für alles gerüstet. Jetzt kommt es „nur“ noch darauf an, am Dienstag die eigene Nervosität zu verbergen, kompetent zu wirken und bei unerwarteten Fragen die eigene Inkompetenzkompensationskompetenz unter Beweis zu stellen.

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Prüfungssituation der anderen Art

Nach der mündlichen Biochemie-/Anatomie-/Physiologie-Prüfung letzte Woche, war heute die Prüfung im Modul „Ernährung gesunder Männer und Frauen 2“ an der Reihe. Danach fehlt mir noch eine letzte und dann habe ich endlich alle Kompetenznachweise absolviert, die ich wegen meines Krankenhausaufenthaltes nachholen musste.

Intelligent wie meine Mitstudierenden nunmal sind, haben alle die Prüfung im Juli bestanden und so leistete mir niemand Gesellschaft. Ich wartete allein vor dem Zimmer auf den Dozenten, der mir kurz vor Prüfungsbeginn entgegen kam. „Sind Sie nervös?“ „Eigentlich nicht.“ Normalerweise wuseln vor einer schriftlichen Prüfung alle herum, tauschen sich ein letztes Mal über den Stoff aus und machen sich gegenseitig Mut. Heute war es schon fast gespenstisch ruhig.

In dem Raum finden normalerweise mindestens 25 Studierende Platz und die Auswahl an Sitzmöglichkeiten war für mich dementsprechend gross. Ich entschied mich für einen Randplatz in der zweiten Reihe. „Sind Sie bereit?“ „Ja, es kann losgehen.“

Während ich den Fragebogen öffnete und mit dem Ankreuzen der (hoffentlich) richtigen Antworten begann, richtete sich der Dozent am Pult vorne im Zimmer ein und begann, auf seinem Laptop zu tippen. Als er zweimal nieste erschrak ich fürchterlich, weil es sonst so still war im Raum. Keine kratzenden Kugelschreiber, kein Seufzen, kein Schnäuzen, kein Stühlerücken. Nichts.

Etwa in der Halbzeit begann er gemütlich sein Müsli zu essen, während ich mir über den Tagesbedarf an Zink und die Hauptlebensmittelquellen für Vitamin K Gedanken machte. En Guete!

PS: Spinnen gab’s heute Morgen keine, dafür bin ich beim Verlassen des Hauses die Treppe runtergefallen. Rückblickend kann jedoch auch dieser kleine Zwischenfall nicht als schlechtes Omen gewertet werden. Positiv auf meine Leistung ausgewirkt hat es sich aber wohl auch nicht.