Spitalgeschichten

Traumreise nach Kuba

Ich wurde am 1. Februar morgens um sieben zur Einleitung der Narkose in den Operationssaal gebracht. Den Assistenzarzt der Anästhesie kannte ich bereits vom Aufklärungsgespräch am Vortag. Wie sich herausstellte, ist der angehende Facharzt für Anästhesie auch ein guter Reisebegleiter.

Anästhesist: Haben Sie sich schonen einen Traum für die Narkose überlegt?

Ich: Ich träume nie während der Narkose.

Anästhesist: Das ändern wir heute. Wovon möchten Sie gerne träumen?

Ich: Urlaub wäre nicht schlecht.

Anästhesist: Und wohin soll die Reise gehen? Städtetrip oder Strandurlaub.

Ich: Strand. (Da es im OP immer schrecklich kalt ist, war mir nach Wärme zumute.)

Anästhesist: Da mein Kollege aus der Dominikanischen Republik heute nicht da ist, kann ich es Ihnen ja sagen: Ich würde Ihnen Kuba empfehlen.

Ich: Okay, dann Kuba.

Während vier Leute um mich herum wuselten, mich an die Monitore anschlossen sowie die Infusion und den Schmerzkatheter in den Rücken legten, hielt mir der junge Arzt immer wieder die schneeweissen Sandstrände, das kristallklare Meer sowie die Palmen und bunten Fische vor Augen. Auch als der Oberarzt mir das Narkosemittel in die Venen spritzte, plauderte er munter weiter. Es war mir übrigens ein Rätsel, wie man morgens um sieben schon so wach und kommunikativ sein kann. Mit dem Gedanken an Kokosnüsse und Temperaturen über 30 Grad schlief ich ziemlich ruhig und entspannt ein.

Sieben Stunden später auf der Überwachungsstation:

Ich war noch nicht richtig wach, hatte jedoch Schmerzen und hörte mehrere Stimmen.

Anästhesist: Frau Moni, es ist halb drei Uhr nachmittags. Die Operation ist vorbei.

Ich: Schweigen.

Anästhesist: Haben Sie von Kuba geträumt?

Ich: Nein.

Anästhesist: Verdammt, wir waren so nahe dran!

Auch wenn ich nicht geträumt habe, so war ich bei der Narkoseeinleitung noch niemals so gut unterhalten und ich glaube, dass das durchaus einen entspannenden Effekt auf mich und meinen Kreislauf etc. hatte.